BLAISE PASCAL

(19.6.1623 Clermont-Ferrand – 19.8.1662 Paris)

Biografie

Blaise Pascal wird als mittlerer Sohn von drei Kindern 1923 geboren. Seine Eltern heißen Ètienne und Antoinette Pascal. Seine zwei Schwestern heißen Gilberte und Jacqueline. Die Mutter stirbt als Pascal erst drei Jahre alt ist. Der Vater ist Präsident des Steueramtes bzw. ein hoher Beamter der Steuerverwaltung und nach dem Tod seiner Frau siedelt er mit seinen drei Kindern nach Paris wo er engen Kontakt zur intellektuellen Elite des Landes pflegt. Der Vater sowie die Schwestern üben einen großen Einfluss auf den körperlich schwachen aber geistig sehr regen Pascal aus. Er wird von seinem Vater unterrichtet, hauptsächlich in Sprachen und Grammatik und nach Montaignes Philosophie. Aber Pascal entwickelt schon früh ein Interesse für Mathematik, so dass er mit 12 Jahren die euklidischen Gesetze neu und mit 20 eine Rechenmaschine für seinen Vater erfindet. Er beschäftigt sich mit dem leeren Raum und trägt einiges zu den Wahrscheinlichkeitsrechnungen und zu den Infinitesimalrechnungen bei. Er arbeitet ferner den Plan für einen Omnibusverkehr quer durch Paris aus. Seine Jugend widmet das „Genie“ Pascal der Mathematik. Von 1940 bis 1946 lebt die Familie Pascal in Rouen, in der Normandie in Nordfrankreich und 1940 erscheint auch das erste Werk von Pascal „Essais sur les Coniques“ (Abhandlung über Kegelschnitte). Diese mathematische Meisterleistung macht ihn schlagartig in der wissenschaftlichen Welt bekannt. Als der Vater im Jahre 1651 stirbt, beschließt seine Schwester Jacqueline in das Kloster Port-Royal in der Nähe von Versailles einzutreten. Pascal wird sich ihr nach kurzer Zeit anschließen. Port-Royal war das Zentrum des französischen Jansenismus, einer Richtung innerhalb der katholischen Kirche, die theologisch dem Protestantismus Nahe stand. Die Jansenisten zeichneten sich durch eine strenge moralische Lebensführung aus, geprägt von Disziplin, Askese und Weltabgewandtheit. Sie lagen in Fehde mit den Jesuiten und Pascal greift deren Moral in seinen 1656 verfassten „Lettres provinciales“ an. Die Jansenisten wurden von öffentlichen Stellen verdammt und verurteilt, so auch von der Pariser Universität. Ihre Lehre stand dem augustinischen Erbe Nahe. Cornelius Jansen, Bischof von Ypern hatte durch sein Buch „Augustinus, moralische Kräfte geweckt und Anhänger gefunden die sich im Kloster Port-Royal zusammenfanden.

Vor Eintritt in das Kloster versucht Pascal als gebildeter adeliger Lebemann, der in den Pariser Salons verkehrt, seine Intellektualität auszuleben. Die Lektüre der „Essais“ Michel de Montaignes lenken sein Interesse von der Natur auf den Menschen. Im Jahre 1654, in der Nacht vom 23. auf den 24. November erlebt Pascal eine tiefe mystische, religiöse Wende. Von diesem Erlebnis wissen wir aufgrund einer Notiz, die er in das Futter seines Mantels einnäht. Darin heißt es u. a.: „Feuer. Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs, nicht der Gott der Philosophen und der Gelehrten“. Pascal ist 31 Jahre alt, als er nach diesem mystischen Erlebnis nach Port-Royal zieht. Er stirbt 8 Jahre darauf, mit 39 Jahren an einer langjährigen Magenkrankheit.

Philosophie

Wie einst Pythagoras verbindet Pascal tiefe Religiosität mit mathematischer Intelligenz, in seinem Fall ist die Religion das Christentum. Pascal wendet sich gegen die Scholastik und gegen den Cartesianismus, d.h. gegen den Wissenschaftsoptimismus der frühen Neuzeit. Dem Rationalismus Descartes setzt Pascal die „Logik des Herzens“ entgegen, seinem Intellektualismus die Skepsis. Er ist gegen die Gedanken Descartes, weil dessen Philosophie nur vom Intellekt geprägt ist. Wo die Ordnung der Liebe beginnt beginnen die Grenzen der Mathematik: Das Herz hat seine Gründe, welche die Vernunft nicht kennt. Eine Frage, womit sich Pascal in seinen mystischen Jahren beschäftigt ist folgende: Was ist ein Mensch im Unendlichen? Durch seine mathematischen Erkenntnisse kommt er zu dem Schluss, dass alle Dinge aus dem Nichts hervorgegangen sind und sich bis ins Unendliche fortsetzen. Pascal fühlt, dass das rationale und mathematische Denken uns im Grunde unbefriedigt lassen muss, weil es auf die wesentlichen Fragen keine Antwort gibt. Das Mysterium des Glaubens kann nicht mit der Vernunft erfasst werden: „Le coeur a ses raisons, que la raison ne connait pas“ („Das Herz hat seine Gründe, die die Vernunft nicht kennt.“). Das Herz mit seiner Fähigkeit einer sinnlich-intuitiven Erkenntnis geht tiefer als die Vernunft. Ihm sind Erkenntnisse zugänglich, die wir nicht mehr begründen oder beweisen können. Für Pascal gründen alle großen Theorien ursprünglich auf Intuition. Die wahre Aufgabe des Geistes besteht in der Hingabe an Gott. Gott ist für den Menschen nur durch die Empfindung des Herzens erreichbar. Diese Empfindung des Herzens stellt Pascal der christlichen Liebe gleich.

Durch die Schriften Montaignes wird er insofern beeinflusst weil Montaigne den Menschen und das Innere des Menschen in den Mittelpunkt seiner Philosophie stellt. Auch Pascals Maxime ist im Prinzip „Erkenne dich selbst!“, mit dem Unterschied, dass Pascal über Montaigne hinausgeht und sich mit Glaubensfragen auseinandersetzt. Später wird der Einfluss Montaigne und Epiktet durch den des Augustinus abgelöst. Wie Augustinus wird Pascal zu einem Verteidiger eines fundamentalistischen, kompromisslosen Christentums. Allein der Gott der Bibel gäbe den Glaubenden die Gewissheit, die Freude des Lebens und den Frieden des Herzens. Die philosophischen Erkenntnisse müssen sich den Lehren der Religion unterordnen. Erst die Religion befreit uns von dem sinnlosen Suchen nach der Wahrheit, die der Mensch aus eigener Kraft nie finden wird. Für Pascal können sich die Logik und die Mystik ergänzen. Religiöse Menschen können große Wissenschaftler sein, der religiöse Glaube soll als Inspiration dienen.

Menschsein heißt für Pascal „Sein im Widerspruch. Die Würde des Menschen liegt im Denken, aber darin zeigt sich auch seine Ohnmacht. Der Mensch ist ein „denkendes Schilfrohr“. Die Menschen lenken sich deshalb so gerne ab, weil sie Angst vorm Alleinsein haben, denn wenn sie alleine sind, stehen sie sich selbst unverblümt, nackt gegenüber. Wenn die Menschen alleine sind, überfällt sie Langeweile, Düsterheit, Traurigkeit und Trostlosigkeit, Verdruss und Verzweiflung. Der Mensch ahnt dann die Bedrohung des Todes. Der Mensch wird sich bewusst, dass er sorglos in den Abgrund rennt. Die christliche Religion bringt Pascal dazu, dieses unveränderbares Schicksal des Menschen positiv zu sehen, indem der Mensch sowohl Gnade erfahren kann. Die Gnade ermöglicht ihm die Unbegreiflichkeit des natürlichen Daseins zu durchschauen. Die Gnade ist ein Geschenk Gottes.

Pascals philosophisches Hauptwerk, das er 1656 zu schreiben beginnt, heißt „Pensèe“ (Gedanken). Es handelt sich um eine lockere Sammlung von Aphorismen, Notizen und kleineren Abhandlungen, die erst nach dem Tod des Autors, im Jahre 1669 veröffentlicht wird. In die „Gedanken“ setzt sich Pascal geistig mit den Ansprüchen der Vernunft und den Forderungen des christlichen Glaubens auseinander. Seine Absicht besteht darin, den Rationalisten und Skeptiker auf den Weg des Glaubens zu führen. Pascal ist ein zwischen Vernunft und Leidenschaft zerrissener Mensch. Er ist durchdrungen vom Gefühl menschlicher Nichtigkeit und Sündhaftigkeit. Wie Augustinus betont er die unüberwindliche Kluft zwischen Mensch und Gott. Pascal umkreist in den Gedanken in immer neuen Ansätzen das Verhältnis von Natur, Mensch und Gott. Der Mensch ist das große Problem. Die Antwort auf dieses Problem ist der verborgene Gott, der „deus absconditus“. In seinen „Pensèe finden wir die berühmte Pascalsche Wette, die sich auf die Existenz oder Nicht-Existenz Gottes bezieht. Wenn man wettet ob es Gott gibt oder nicht, dann kann man nur gewinnen, denn wenn es ihn gibt, dann gewinnt man alles, wenn es ihn nicht gibt, dann verliert man nichts.

Dadurch, dass Pascal in der Übergangszeit von Mittelalter zur Neuzeit lebt, wirkt sich das neue Weltbild, die empirische Naturforschung, die Entdeckung der Unendlichkeit in Zeit und Raum, auf seinem Denken über den Menschen aus, der im Mittelalter noch seinen festen Platz in einer endlichen Welt hat und nun verloren in der Unendlichkeit ist.

Pascal betont auch die große Distanz, die den Menschen sowohl von der Natur als auch von Gott trennt. Die Vernunft kann aber niemals eine Brücke zwischen Mensch und Gott sein, denn Gott steht jenseits der Vernunft, deshalb ist auch jeder Versuch ihn rational zu beweisen zum Scheitern verurteilt. Der Mensch befindet sich irgendwo zwischen Nichts und Unendlichkeit, auf jeden Fall befindet er sich im „Elend“. Ein hervortretendes Merkmal des Menschen ist die Unruhe, das rastlose Getriebensein von einem Ziel zum nächsten. Die existentielle Verzweiflung des Menschen kann nur von Gott aufgelöst werden.

Pascal wird nach Montaigne einer der Väter der philosophischen Anthropologie. Ein enger Geistesverwandter in der Moderne ist der dänische Theologe und Philosoph Sören Kierkegaard.

Zitate und Textauszüge

Gedanken „Pensèe“ (1669)

Was haben wir denn davon, wenn wir einen Menschen sagen hören, dass er das Joch abgeschüttelt hat und nicht glaubt, dass es einen Gott gibt der über seinen Handlungen wacht, dass er sich für den einzigen Herrn seiner Lebensführung hält, und nur sich selber Rechenschaft darüber abzulegen gedenkt? Glaubt er uns dadurch zu veranlassen, ihm von nun an viel Vertrauen zu schenken und Trost, Rat und Hilfe in allen Nöten des Lebens von ihm zu erwarten? Behaupten sie, uns eine große Freude zu machen, wenn sie uns sagen, dass sie unsere Seele nur für ein wenig Wind und Rauch halten, und es noch dazu mit einem stolzen und zufriedenen Ton in ihrer Stimme sagen? Sagt man denn so etwas fröhlich? Müsste man nicht im Gegenteil so etwas traurig sagen, wie die traurigste Sache der Welt?

Durch nichts verrät sich die äußerste Geistesschwäche mehr, als wenn man nicht erkennt, wie groß das Elend des Menschen ohne Gott ist… nichts ist so feige, als gegen Gott den Tapferen zu spielen.

…dass es nur zwei Arten von Menschen gibt, die man vernünftig nennen kann; jene die Gott von ganzem Herzen dienen, weil sie ihn erkennen, oder jene, die ihn von ganzem Herzen suchen, weil sie ihn nicht erkennen. Die aber dahinleben, ohne ihn zu erkennen und ohne ihn zu suchen, die erachten sich selber der Sorge um sich selbst so wenig würdig, dass sie auch der Sorge der anderen nicht würdig sind.

Den Tod fürchten fern der Gefahr, und nicht in der Gefahr; denn man muss Mensch sein

Es steht außer Zweifel, dass es kein Gut gibt ohne die Erkenntnis Gottes, dass man in dem Maße, in dem man sich ihr nähert, glücklich ist, und dass es das letzte Glück ist, ihn mit Sicherheit zu erkennen. … Es ist also ein Unglück, zu zweifeln, aber es ist eine unerlässliche Pflicht, im Zweifel zu suchen.

Die metaphysischen Gottesbeweise übersteigen die Urteilskraft der Menschen so sehr und sind so widerspruchsvoll, dass die nur wenig Eindruck machen; wenn sie auch für manche nützlich wären, so würden sie doch nur so lange nützlich sein, als man die Beweisführung vor Augen hat, aber eine Stunde später fürchtet man, sich getäuscht zu haben. Quod cruisitate cognoverunt, superbia amiserunt (Was sie durch ihre Neugierde erkannt haben, haben sie durch ihren Hochmut verloren (Vgl. Augustinus, Sermon 151)). Diese Unkenntnis über sein eigenes Elend ist das Ergebnis der Gotteserkenntnis, die man ohne Jesus Christus gewinnt, und die darin besteht, dass man sich ohne Mittler mit dem Gott in Verbindung setzt, den man ohne Mittler erkannt hat. Hingegen kennen die, welche Gott durch den Mittler erkannt haben, ihr Elend.

Der Glaube ist verschieden vom Beweis. Dieser ist menschlich, jener ist ein Geschenk Gottes.

Damit beginnen, dass man die Ungläubigen bedauert. Sie sind durch ihren Zustand unglücklich genug.

… Das Herz hat seine Ordnung; der Geist hat die seine und sie besteht aus Prinzip und Beweis. Das Herz hat eine andere. Jesus Christus, der heilige Paulus haben die Ordnung der Liebe, nicht die des Geistes.

Wer stehen bleibt, macht wie ein fester Punkt die ungestüme Bewegung der anderen wahrnehmbar.

Die Mathematik…ist bei all ihrer Tiefe nutzlos.

Die christliche Religion, die allein die Vernunft hat, lässt die nicht als ihre wahren Kinder zu, die ohne Inspiration glauben; das heißt nicht, dass sie die Vernunft und die Gewohnheit ausschließt, im Gegenteil.

Es gibt Viele, die glauben, aber aus Aberglauben; es gibt Viele, die nicht glauben, aber nur aus Freigeisterei; zwischen den beiden gibt es wenige.

Eure Übereinstimmung mit euch selbst und die beharrliche Stimme euerer Vernunft, nicht die der anderen, soll euch glauben machen.

Der Glaube sagt wohl das, was die Sinne nicht sagen, aber nicht das Gegenteil von dem, was sie sagen. Er ist über ihnen und nicht gegen sie.

Wie weit ist es von der Erkenntnis Gottes bis dahin, dass man ihn liebt!

Atheismus, Zeichen eines starken Geistes – aber nur bis zu einem gewissen Grade.

Wir erkennen also die Existenz und die Natur des Endlichen, weil wir endlich und ausgedehnt sind wie das Endliche. Wir erkennen die Existenz des Unendlichen und wissen nichts von seiner Natur, weil es zwar Ausdehnung hat wie wir, nicht aber Grenzen wie wir. Aber wir erkennen weder die Existenz noch die Natur Gottes, weil er weder Ausdehnung noch Grenzen hat.

Nun habe ich schon gezeigt, dass man sehr wohl die Existenz eines Dinges erkennen kann, ohne seine Natur zu erkennen.

Jeder Spieler wagt mit Sicherheit, um mit Unsicherheit zu gewinnen.

Zwei Dinge belehren den Menschen über seine Natur: der Instinkt und die Erfahrung.

Größe – Elend. – Je mehr Einsicht man hat, desto mehr Größe und Niedrigkeit entdeckt man im Menschen. Die gemeine Masse der Menschen. – Die, welche höher stehen. – Die Philosophen: sie setzen die gemeine Masse der Menschen in Erstaunen. – Die Christen. Sie setzen die Philosophen in Erstaunen. …denn was für die Tiere Natur ist, das nennen wir im Menschen Elend.

Die Größe des Menschen ist groß darin, dass er sein Elend erkennt. Ein Baum erkennt sein Elend nicht. Es heißt also unglücklich sein, wenn man sich als unglücklich erkennt. Aber es heißt groß sein, wenn man erkennt, dass man unglücklich ist.

Das denkende Schilfrohr. – Nicht im Raume darf ich meine Würde suchen, sondern in der Ordnung meiner Gedanken.

…Der Mensch ist nur ein Schilfrohr, das schwächste der Natur; aber er ist ein denkendes Schilfrohr. Es ist nicht nötig, dass das ganze Weltall sich waffne, ihn zu zermalmen: ein Dampf, ein Wassertropfen genügen, um ihn zu töten.

Unsere ganze Würde besteht also im Gedanken. Daraus muss unser Stolz kommen, nicht aus Raum und Zeit, die wir nicht ausfüllen könnten. Bemühen wir uns also, gut zu denken: das ist das Prinzip der Moral.

… Der Mensch ist offenbar geschaffen, um zu denken.

… dass es Leute gibt, die gemeint haben, wir hätten zwei Seelen.

Der Mensch weiß nicht, wie er sich einordnen soll. Er ist offensichtlich verirrt und von seinem wahren Standort gefallen, ohne ihn wieder finden zu können. Er sucht ihn überall, in undurchdringlicher Finsternis, voll Unruhe und ohne Erfolg.

Der innere Krieg des Menschen zwischen der Vernunft und den Leidenschaften… Da es aber beides gibt, kann der Mensch nicht ohne Kampf sein, da er mit dem einen nur Frieden haben kann, wenn er mit dem anderen im Kampf liegt: so ist er immer geteilt und im Widerspruch mit sich selbst.

Größe des Menschen. – Wir haben eine so große Vorstellung von der Seele des Menschen, dass wir es nicht ertragen können, um ihretwillen verachtet zu werden und nicht die Achtung einer Seele zu haben. … Der Stolz…ist ein seltsames Ungeheuer.

Und wir sind so eitel, dass die Achtung von fünf oder sechs Personen, die uns umgeben, uns ergötzt und uns befriedigt.

Elend. – Hiob und Salomon.

Da die Menschen kein Heilmittel gegen den Tod, das Elend, die Unwissenheit finden konnten, sind sie, um sich glücklich zu machen, darauf verfallen, nicht daran zu denken.

…dass das ganze Unglück des Menschen aus einer einzigen Ursache kommt: nicht ruhig in einem Zimmer bleiben zu können.

…die Ursache all unseres Unglücks … liegt in dem natürlichen Unglück unseres schwachen und sterblichen Zustandes, der so erbärmlich ist, dass nichts uns trösten kann, wenn wir es näher betrachten.

Wie ist das Herz des Menschen hohl und voll von Gestank.

Wenn der Mensch glücklich wäre, so wäre er es umso mehr, je weniger Zerstreuung er hätte, wie die Heiligen und Gott. – Ja; aber heißt das nicht glücklich sein, wenn man sich durch die Zerstreuung Freude verschaffen kann? – Nein, denn sie kommt von woanders und von außen; so ist er abhängig und infolgedessen der Beunruhigung durch tausend Zufälle ausgesetzt, welche das Unglück unvermeidbar machen.

Es ist gemeinhin die Gegenwart, die uns lästig ist. … Wie denken fast gar nicht an die Gegenwart; und wenn wir daran denken, dann nur, damit wir aus ihr eine Einsicht erlangen, um über die Zukunft zu verfügen. Die Gegenwart ist nie unser Ziel: die Vergangenheit und die Gegenwart sind unsere Mittel; die Zukunft allein ist unser Ziel. So leben wir nie, sondern wir hoffen zu leben und während wir uns immer in Bereitschaft halten, glücklich zu sein, ist es unvermeidlich, dass wir es nie sind.

Langeweile. – Nichts ist dem Menschen so unerträglich, wie in einer völligen Ruhe zu sein, ohne Leidenschaft, ohne Tätigkeit, ohne Zerstreuung, ohne die Möglichkeit, sich einzusetzen. Dann wird er sein Nichts fühlen, seine Verlassenheit, seine Unzulänglichkeit, seine Abhängigkeit, seine Ohnmacht, seine Leere. Unablässig wir aus der Tiefe seiner Seele die Langeweile aufsteigen, die Niedergeschlagenheit, die Trauer, der Kummer, der Verdruss, die Verzweiflung.

Der Zustand des Menschen: Unbeständigkeit, Langeweile, Unruhe.

Das Glück ist weder außer uns, noch in uns; es ist in Gott, und sowohl außer uns als auch in uns.

Der Mensch ist weder Engel noch Tier, und das Unglück will es, dass wer einen Engel aus ihm machen will, ein Tier aus ihm macht.

Wenn er sich rühmt, erniedrige ich ihn; wenn er sich erniedrigt, rühme ich ihn; und ich widerspreche ihm immer, bis er begreift, dass er ein unbegreifliches Ungeheuer ist. …. Und ich kann nur die billigen, die unter Seufzern suchen.

Suchet nicht Befriedigung von der Erde, hoffet nichts von den Menschen; euer Gut liegt nur in Gott, und die höchste Seligkeit besteht darin, Gott zu erkennen…Eure Hauptkrankheiten sind der Stolz, der euch von Gott wegzieht, die Begehrlichkeit, die euch an die Erde bindet;

…da der Mensch doch von Natur der Liebe und der Erkenntnis fähig ist.

Um den Menschen glücklich zu machen, muss sie (die Religion) ihm zeigen, dass es einen Gott gibt; dass man verpflichtet ist, Ihn zu lieben; dass es unsere wahre Seligkeit ist, in Ihm zu sein, und unser einziges Unheil, von Ihm getrennt zu sein; muss sie erkennen, dass wir erfüllt sind von einer Finsternis, die uns daran hindert, Ihn zu erkennen;

Welche Religion wird uns lehren, den Stolz und die Begehrlichkeit zu heilen?

…Ich bin es (Gott), die euch geformt hat, und die allein euch lehren kann, wer ihr seid… Aber er (der Mensch) hat soviel Herrlichkeit nicht ertragen können, ohne in die Anmaßung zu fallen. Er hat sich zum Mittelpunkt seiner selbst machen wollen, und unabhängig von meiner Hilfe. Er hat sich meiner Herrschaft entzogen; und als er sich in dem Verlangen, seine Seligkeit in sich selbst zu finden, mir gleichstellte, habe ich ihn sich selbst überlassen.

Alle Menschen hassen einander von Natur. Man hat, soweit man dazu imstande war, die Begehrlichkeit ausgenützt, um sie dem öffentlichen Wohle dienstbar zu machen: aber damit täuscht man nur ein falsches Bild der Liebe vor, denn im Grunde ist das nur Hass.

Man muss einen Gedanken haben, der hinter dem ausgesprochenen Gedanken liegt, und alles von da aus beurteilen, während man so spricht wie das Volk.

Da die Herzogtümer, Königreiche und Obrigkeiten wirklich und notwendig sind (weil die Macht alles ordnet), gibt es solche überall und immer. Aber weil nur die Phantasie es bewirkt, dass gerade diese oder jene (Form der Macht) herrsche, ist (diese Form) nicht von Dauer, sondern dem Wechsel unterworfen.

Gott… ist der König der Liebe.

Beschreibung des Menschen: Abhängigkeit, Verlangen nach Unabhängigkeit, Bedürfnisse.

… daher kommt es, dass man über ein und dasselbe weint und lacht.

Liebe oder Hass verwandeln die Gerechtigkeit.

Die Einbildung verfügt über alles; sie macht die Gerechtigkeit, die Schönheit und das Glück, welches auf der Welt das Wichtigste ist.

Wundert euch nicht darüber, wenn er (der Mensch) im Augenblick nicht gut nachdenkt: Eine Fliege summt vor seinen Ohren; das reicht aus, um ihn unfähig zu machen, einen guten Rat zu erteilen.

Was ist denn schließlich der Mensch in der Natur? Ein Nichts im Hinblick auf das Unendliche, ein All im Hinblick auf das Nichts, eine Mitte zwischen dem Nichts und dem All, unendlich weit davon entfernt, die Extreme zu begreifen.

Alle Dinge sind aus dem Nichts hervorgegangen und setzen sich bis ins Unendliche fort. Wer kann diesen erstaunlichen Schritten folgen? Der Urheber dieser Wunder begreift sie.

Unser Verstand steht in der Ordnung der intelligiblen Dinge auf der gleichen Stufe wie unser Leib im Bereich der Natur.

Wie soll das möglich sein, dass ein Teil das Ganze erkennt?

Überdies muss die Ewigkeit, welche die Dinge in sich selbst oder in Gott hat, unsere geringe Dauer in Staunen versetzen. Die feste und beharrliche Unbeweglichkeit der Natur muss, verglichen mit der unaufhörlichen Veränderung, die sich in uns vollzieht, die gleiche Wirkung hervorbringen.

Der Mensch ist sich selbst der wunderbarste Gegenstand der Natur; denn er kann nicht begreifen, was der Körper und noch viel weniger, was der Geist ist, und am allerwenigsten, wie ein Körper mit einem Geist verbunden sein kann.

Eine schöne Gerechtigkeit, deren Grenze ein Fluss ist! Was auf dieser Seite der Pyrenäen Wahrheit ist, ist auf der anderen Irrtum.

Der Diebstahl, die Blutschande, der Mord an den Kindern und an den Eltern – alles das hat seinen Platz unter den tugendhaften Handlungen gehabt.

….dass man die feststehenden Gewohnheiten zum Schwanken bringt, indem man bis zu ihrem Ursprung vordringt, um so ihren Mangel an Autorität und Gerechtigkeit zu beweisen.

Der Eine hält mein Gefühl für Phantasie, der Andere seine Phantasie für Gefühl. Man müsste ein Kriterium dafür haben. Die Vernunft bietet sich uns an, aber sie ist nach allen Richtungen fügsam; und so gibt es kein Kriterium dafür.

Wir sind nur Lüge, Doppelzüngigkeit, Widerspruch, und wir verbergen und maskieren uns vor uns selbst.

Es ist unbegreiflich, dass Gott ist, und unbegreiflich, dass er nicht ist; dass die Seele mit dem Leibe ist, dass wir keine Seele haben, dass die Welt erschaffen ist, dass sie es nicht ist usw. Dass es eine Erbsünde gibt und dass es keine gibt.

Wir erkennen die Wahrheit nicht mit der Vernunft allein, sondern auch mit dem Herzen.

Und auf diese Erkenntnis des Herzens und des Instinktes muss die Vernunft sich stützen und alle ihre Überlegungen gründen.

…dass wir oft aus ganz verschiedenen Voraussetzungen die gleichen Folgerungen ableiten.

… – keine Vorstellung von der Wahrheit haben, da ja alle unsere Gefühle nur Illusionen sind.

Welche Chimäre ist also der Mensch! Welche Neuheit, welches Monstrum, welches Chaos, welches Gefäß des Widerspruchs, welches Wunder! Richter aller Dinge, armseliger Erdenwurm; Verwalter der Wahrheit, Kloake der Unsicherheit und des Irrtums: Herrlichkeit und Auswurf des Weltalls. … Höre auf Gott.

Was die Menschen durch ihre größten Erleuchtungen zu erkennen vermochten, das lehrte diese Religion ihre Kinder.

Man kann also sehr gut Gott erkennen ohne sein Elend, und sein Elend ohne Gott; aber man kann nicht Jesus Christus erkennen, ohne zugleich Gott und sein Elend zu erkennen. … Aber der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs, der Gott der Christen ist ein Gott der Liebe und des Trostes, er ist ein Gott, der die Seele und das Herz derer erfüllt , die Er besitzt, Er ist ein Gott, der sie in ihrem Inneren ihr Elend und Seine unendliche Barmherzigkeit fühlen lässt; der sich mit ihrem Seelengrunde vereint, der sie mit Demut erfüllt, mit Freude, mit Vertrauen, mit Liebe; der sie eines jeden andern Zieles als Seiner selbst unfähig macht.

Solange die Propheten da waren, um dem Gesetz Geltung zu verschaffen, ist das Volk nachlässig gewesen; aber als es keine Propheten mehr gab, erwachte der Eifer.

…dass das Reich Gottes nicht im Fleische, sondern im Geiste besteht; dass die Feinde der Menschen nicht die Babylonier, sondern die Leidenschaften waren; dass Gott nicht an Tempeln, die Menschenhände geschaffen, sich erfreue, sondern an einem reinen und demütigen Herzen; dass die Beschneidung des Leibes unnütz sei, dass aber die des Herzens notwendig sei;

Um den Sinn eines Autors zu verstehen, muss man alle widersprechenden Stellen in Einklang bringen.

So muss man, um die Schrift zu verstehen, einen Sinn im Auge haben, in dem alle einander widersprechenden Stellen in Einklang kommen.

Der wahre Sinn ist also nicht der der Juden; aber in Jesus Christus finden alle Widersprüche ihre Einheit.

Zwei Irrtümer: 1. alles wörtlich nehmen; 2. alles geistig nehmen.

Die Propheten haben klar gesagt, dass Israel stets von Gott geliebt sein werde, und dass das Gesetz ewig sein werde, und sie haben gesagt, dass man den Sinn ihrer Worte nicht verstehen werde, und dass er verschleiert sei. Jesus Christus und die Apostel haben (die Chiffre entziffert). Sie haben das Siegel gebrochen. (Jesus Christus) hat den Schleier zerrissen und den Geist offenbar gemacht. Darum haben uns (die Propheten) gelehrt, dass die Feinde des Menschen seine Leidenschaften sind; dass der Erlöser geistlich sein werde, und geistlich sein Reich; dass Christus auf zweierlei Weise kommen werde: in der Erniedrigung zur Demütigung des stolzen Menschen, und in der Herrlichkeit zur Erhöhung des gedemütigten Menschen; dass Jesus Christus Gott und Mensch sei.

Das ist die Chiffre, die der heilige Paulus uns gibt: der Buchstabe tötet. Alles geschah in Bildern.

Moses (Deut. 30) verspricht, Gott werde ihre Herzen beschneiden, um sie der Liebe fähig zu machen.

…Worte sind also ein Zeichen für die Absicht Gottes, nicht für seine Weise, diese Absicht auszuführen.

Nichts ist der Liebe so ähnlich wie die Begierde und nichts ist ihr so entgegengesetzt. So waren die Juden erfüllt von Gütern, die ihrer Begierde schmeichelten – den Christen sehr gleichartig und sehr entgegengesetzt: sie waren dem Messias sehr gleich geartet, um sein Bild zu sein, und sie waren ihm sehr entgegengesetzt, um unverdächtige Zeugen zu sein.

Gott hat sich der Begehrlichkeit der Juden bedient, um sie für Jesus Christus nutzbar zu machen, der das Heilmittel für die Begehrlichkeit brachte.

In Gott gibt es keinen Unterschied zwischen dem Wort und der Absicht, denn er ist wahrhaftig; und keinen zwischen dem Wort und der Verwirklichung, denn er ist mächtig; und keinen zwischen den Mitteln und der Wirkung, denn er ist weise.

Augustinus …. Gott kann alles, außer den Dingen, durch die er seine Allmacht verlöre, wenn er sie könnte, wie sterben, getäuscht werden und lügen usw.

Wenn Adam nicht gesündigt hätte, und wenn Jesus Christus nicht gekommen wäre, hätte es nur einen Bund gegeben, nur ein Zeitalter der Menschen, und die Schöpfung wäre so dargestellt worden, als wäre sie gleichsam zu einem einzigen Zeitpunkt geschaffen worden.

Die Synagoge ging der Kirche vorauf; das Judentum dem Christentum. Die Propheten haben die Christen, der heilige Johannes hat Jesus Christus vorausgesagt.

… es gibt zwei Motive, welche die Willenskräfte der Menschen scheiden: Die Habgier und die Liebe…die Habgier benutzt Gott und genießt die Welt; bei der Liebe aber ist es umgekehrt.

Erkennet also die Wahrheit der Religion – selbst an der Dunkelheit der Religion, an der geringen Einsicht, die wir von ihr haben, an unserer Gleichgültigkeit, sie zu erkennen.

Ihr glaubt, dass die Prophezeiungen, die im Evangelium zitiert werden, nur berichtet werden, um euch zum Glauben zu bringen? Nein, es geschieht nur, um euch vom Glauben zu entfernen.

Wenn es keine Dunkelheit gäbe, würde der Mensch seine Verderbtheit nicht spüren; wenn es kein Licht gäbe, würde der Mensch nicht auf ein Heilmittel hoffen. So ist es nicht nur gerecht, sondern für uns nützlich, dass Gott zum Teil verborgen und zum Teil offenbar ist; denn es ist für den Menschen gleich gefährlich, Gott zu erkennen, ohne sein Elend zu erkennen, und sein Elend zu erkennen, ohne Gott zu erkennen. …

Man versteht nichts von den Werken Gottes, wenn man nicht davon überzeugt ist, dass er die einen verblenden und die anderen erleuchten wollte.

Zwei Arten von Menschen erkennen: Die, welche ein demütiges Herz haben und die Niedrigkeit lieben, wo immer auf der Stufenleiter des Geistes sie stehen: hoch oder tief; oder die, welche Geist genug haben, um die Wahrheit zu sehen, wie groß ihr Widerwille dagegen sei.

…der sein Gesetz aufrichten werde, nicht im Äußeren, sondern in den Herzen; dass er seine Furcht, die bisher nur im Äußeren gewesen war, mitten in das Herz pflanzen werde. Wer sieht nicht in alledem das christliche Gesetz?

Die sich vor der Sünde fürchten, werden vom Volke verworfen und wie Kranke und Wahnsinnige behandelt werden.

…dann wird Jesus Christus kommen, den Menschen zu sagen, dass sie keine anderen Feinde haben als sich selbst, dass ihre Leidenschaften sie von Gott trennen, dass er komme, diese zu zerstören und um Ihnen seine Gnade zu geben, damit er aus ihnen allein eine heilige Kirche mache; dass er komme, die Heiden und die Juden in die Kirche zu führen, dass er komme, die Götzenbilder der einen und den Aberglauben der anderen zu vernichten.

Alles was auf Erden groß ist, vereinigt sich: die Gelehrten, die Weisen, die Könige. Die einen schreiben, die anderen verdammen, wieder andere töten. Und ungeachtet all dieser Widerstände trotzen diese einfachen machtlosen Menschen allen diesen Gewalten und unterwerfen sich gerade diese Könige, diese Gelehrten, diese Weisen, und befreien die ganze Erde vom Götzendienst. Und all das geschieht aus der Kraft die es vorausgesagt hatte.

Die beiden ältesten Bücher der Welt sind Moses und Hiob; der eine Jude, der andere Heide, und alle beide betrachten Jesus Christus als ihren gemeinsamen Mittelpunkt und als ihr Ziel.

Indem die Juden prüften ob er Gott sei, haben sie gezeigt, dass er Mensch war.

Im Alten Testament (müsst ihr suchen), wenn man euch von Gott abwenden will; im Neuen Testament, wenn man euch von Jesus Christus abwenden will.

Denn das Volk denkt gewöhnlich so: „Ein Ding ist möglich – also ist es“ …. Desgleichen glaubt man an so viele falsche Wirkungen des Mondes nur darum, weil es deren wahre gibt, wie die Gezeiten des Meeres.

Ebenso verhält es sich mit den Prophezeiungen, den Wundern, den Wahrsagungen nach Träumen, den Zaubereien usw. Denn wenn es unter all dem nie etwas Wahres gegeben hätte, hätte man niemals etwas davon geglaubt.

… denn es wäre nicht möglich, dass sich die Menschen so viele falsche Religionen ausgedacht hätten, wenn es darunter nicht eine wahre gäbe.

…Erkenntnis, dass es zwischen Gott und uns einen unüberwindlichen Gegensatz gibt, und dass es ohne Mittler keine Verbindung mit ihm geben kann.

Nicht allein erkennen wir Gott nur durch Jesus Christus, sondern wir erkennen auch uns selbst nur durch Jesus Christus. Wir erkennen das Leben, den Tod nur durch Jesus Christus. Ohne Jesus Christus wissen wir nicht, was unser Leben, noch was unser Tod, noch was Gott ist, noch was wir selbst sind.

Man entfernt sich (von Gott) nur, wenn man sich von der Liebe entfernt.

Der Gott der Christen ist ein Gott, der die Seele fühlen lässt, dass er ihr einziges Gut ist.

Moral – Nachdem Gott den Himmel und die Erde erschaffen hatte, die das Glück ihres Seins nicht fühlen, hat er Wesen erschaffen wollen, die es erkannten, und die einen Leib aus denkenden Gliedern bildeten.

Man darf nur Gott lieben und nur sich selber hassen.

Glied sein, und Leben, Sein und Bewegung nur vom Geiste des Leibes und für den Leib haben: Das abgetrennte Glied, das den Leib nicht mehr sieht, dem es zugehört, hat nur ein vergehendes und sterbendes Sein. Es glaubt aber, eine Ganzheit zu sein, und da es kein Leben sieht, von dem es abhängt, glaubt es, nur von sich selbst abzuhängen, und will sich selbst zum Mittelpunkt und zum Leibe machen.

Wer nicht in sich seine Eigenliebe hasst und jenen Instinkt, der ihn dazu treibt, sich zu Gott zu machen, ist sehr verblendet.

Wenn es einen Gott gibt, darf man nur ihn lieben, und nicht die vergänglichen Geschöpfe.

… So ist alles böse, was uns verlockt, uns an die Geschöpfe zu hängen, denn es hindert uns, Gott zu dienen, wenn wir ihn erkennen, oder ihn zu suchen, wenn wir ihn nicht erkennen. Nun sind wir aber voll der Begehrlichkeit. Wir sind also voll des Bösen; darum müssen wir uns selbst hassen und alles, was uns anderswohin treibt als zu Gott allein.

…denn jedes Ich ist der Feind alles anderen und möchte ihr Tyrann sein.

Die wahre und einzige Tugend ist also, sich selbst zu hassen (denn man ist hassenswert durch seine Begehrlichkeit), und ein wahrhaft liebenswertes Wesen zu suchen, um es zu lieben. Da wir aber nicht lieben können, was außer uns ist, müssen wir ein Wesen lieben, das in uns ist und das nicht wir selbst, ist, und das gilt für jeden einzelnen aller Menschen.

…Liebe…gehört einer unendlich höheren Ordnung an.

Jesus Christus hat nichts anderes getan, als die Menschen darüber aufzuklären, dass sie sich selbst liebten, dass sie Sklaven waren, Blinde, Kranke und Sünder; dass er sie befreien müsse, erleuchten, heilig und glücklich machen: dass das verwirklicht werde, wenn man sich selber hasse und ihm nachfolge im Leiden und im Kreuzestode.

Von diesen Äußerlichkeiten die Hilfe erwarten, heißt abergläubisch sein. Sie nicht mit dem innern in Einklang bringen wollen, heißt hochmütig sein.

Sei getrost: nicht von dir darfst du (die Gnade) erhoffen; im Gegenteil: nur wenn du von dir selbst nichts erwartest, darfst du auf die Gnade hoffen.

Die kleinste Bewegung ist für die ganze Natur von Bedeutung; das ganze Meer verändert sich, wenn ein Stein hineingeworfen wird. Ebenso in der Gnade: die geringste Handlung ist durch ihre Folgen für alles von Bedeutung. Also ist alles wichtig.

Bei jeder Handlung müssen wir außer der Handlung selbst unseren gegenwärtigen, vergangenen und zukünftigen Zustand beachten, und den Zustand der anderen, für die diese Handlung von Bedeutung ist, und wir müssen die Zusammenhänge zwischen all diesen Dingen sehen. Und dann wird man sehr zurückhaltend sein.

Alles, was es auf der Welt gibt, ist Begehrlichkeit des Fleisches oder Begehrlichkeit der Augen oder Hochmut des Lebens.

Die Auserwählten werden ihre Tugenden nicht kennen und die Verworfenen nicht die Größe ihrer Sünden.

Zittert und ihr werdet nicht sündigen: zittert und fürchtet eure Begehrlichkeit, und sie wird euch nicht zur Sünde verleiten.

Wenn dein Feind Hunger hat, gib ihm zu essen: das heißt, wenn der böse Sauerteig Hunger hat, gib ihm vom Brote der Weisheit, von dem Sprüche Salom. gesprochen wird; und wenn er Durst hat, gib ihm Wasser, von dem Jesaias im 55. Buche spricht.

Hauptwerke

Paris, postum 1669 : Pensées de M.Pascal sur la religion, et sur quelques autres sujets, qui ont esté trouvées après sa mort parmy ses papiers.

Quellennachweis

Weischedel, Wilhelm: Die philosophische Hintertreppe. 34 große Philosophen in Alltag und Denken. Ungekürzte Ausgabe. München, DTV, 17. Auflage, 1988. (Seiten 125-131)

Poller, Horst: Die Philosophen und ihre Kerngedanken. Ein geschichtlicher Überblick.

Olzog Verlag München, 2005. (Seiten 207-209)

Grabner-Haider, Anton: Die wichtigsten Philosophen. Marix Verlag, Wiesbaden, 2006. (93-95)

Sandvoss, Ernst R.: Geschichte der Philosophie. Mittelalter, Neuzeit, Gegenwart. DTV, München, 2001. (S.202-206)

Zimmer, Robert: Das Philosophenportal. Ein Schlüssel zu klassischen

Werken. DTV, München, 2004. (Seiten: 79-91)

Gedanken zur Philosophie Blaise Pascals

„Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt“. Dieses Zitat von Pascal hat mir gut gefallen. Oft denke ich mir, ob Gefühl und Verstand wirklich getrennt sind. Was hat es mit dem Gefühl und dem logischen, rationalen Denken an sich? Oft würde ich lieber nicht so gefühlsbetont sein, andererseits wird das Leben ohne Gefühle zu erleben leer. Vielleicht ist die „Ratio“ doch nicht mein Metier. Ich ließ mich immer nur von meinen Gefühlen leiten, wobei ich sagen muss, dass Gefühle zu subjektiv verfärbt sind, zu parteiisch, zu unecht. Die können einem auch oft in die Irre leiten, depressiv machen. Der Verstand oder die Ratio, das logische Denken, ist absolut unparteiisch, neutral. Diese Neutralität bekommt immer größeren Wert in meinem Leben, denn da kann ich mich dann ausruhen und hab trotzdem das Gefühl ich etwas Produktives tun würde. Wenn ich mich mit etwas beschäftige, das außerhalb von mir ist, das mich nicht unmittelbar betrifft, dann ist das gut, dann beschäftige ich mich mit Dingen, die nicht schwer sind, die mich nicht gefühlsmäßig aufwühlen. Wenn ich mich ständig mit mir selbst beschäftige, mit meinen Ängsten und Freuden und Befürchtungen, dann wird das Leben schwer. Wenn ich mich hingegen z.B. mit einem Philosophen beschäftige, dann liegt der Schwerpunkt außerhalb von mir und das macht mein Leben erträglicher, leichter, interessanter und spannender. Aber irgendwie hängt Herz und Verstand zusammen. Ich würde es nicht so trennen wie Pascal es tut. Das ist eine allzu leichte Lösung. Ich kann den Verstand nur dann richtig benützen, wenn das Herz und meine Gefühle sich diesem unterordnen. Der Verstand muss und kann über das Herz, über die Gefühle regieren. Ich kann Gefühle unterdrücken indem ich mich meines Verstandes bediene. Die Begierde ist meiner Meinung nach eine schlechte Eigenschaft. Etwas zu begehren führt immer zum Leiden. Das einzig gute an dem Verstand ist, dass er nicht zum Leiden führt. Er führt auch nicht unbedingt zur Freude, er führt in die Neutralität, in die Erkenntnis, dass alles Illusion ist, dass Erkenntnisse nicht lange währen, auf Sand gebaut sind. Trotzdem ist es leichter, mit wackeligen Erkenntnissen zu leben, also durch den Verstand zu leben als durch die Gefühle. Denn Gefühle sind nicht minder trügerisch. Man bildet sich bald etwas ein, gefühlsmäßig oder verstandesmäßig, und dann kommt man drauf, dass die Einbildung nicht mit der Realität übereinstimmt, oder wenn sie übereinstimmt, dass die Einbildung wertlos ist, weil selbstverständlich. Nur ergibt sich hier die schwierige Frage nach dem Sinn unseres Lebens. Wenn ich meinen Verstand und meine Gefühle nicht mehr benütze, weil ich erkenne, dass sie mich in die Irre führen, die einen in die Subjektivität, der andere in die Selbstverständlichkeit, was soll ich dann tun? Wir haben nichts anderes als Gefühl und Verstand, oder doch? Vielleicht hat Pascal diese mystische Erfahrung gemacht, um uns zu zeigen, dass es noch etwas anderes gibt als unser Bewusstsein von Gefühl und Verstand. Es gibt den Glauben. Aber man muss beharrlich sein, immer wieder darauf zurückkommen. Es reicht eben nicht zu denken und zu fühlen, man muss mit aller Kraft glauben, genau dann an etwas glauben, wenn es schwierig wird, genau dann an das Gute glauben, wenn unsere Gefühle uns in die Irre leiten und wir verzweifelt sind. Ich glaube, dass Pascal mit Herz nichts anderes gemeint hat als die Liebe. Die Liebe ist dem Glauben näher als alle anderen Gefühlsregungen. Aber dieses abstrakte Wort ist so schwer in Worte zu fassen. Jeder spürt die Liebe anders, es ist ein Prozess, eine Entwicklung, die das ganze Leben andauert. Die Liebe ist etwas was das ganze Leben reift. Wenn ich sie nicht verkümmern lasse. Die Liebe gehört gepflegt, ernährt, geübt, manchmal widerlegt und in Frage gestellt. Die Liebe ist das vergeistigte Gefühl, die Seele, die nach der Unsterblichkeit trachtet. Die Liebe ist mit dem Glauben eng verbunden, sie bedingen einander. Wenn ich liebe, dann glaube ich und wenn ich glaube dann liebe ich. Der Glaube aber ist nicht zu verwechseln mit dem Meinen. Ich kann meinen, dass es morgen regnen wird. Das meine ich nicht mit Glauben. Mit Glaube meine ich an etwas Gutes, Geistiges glauben, das alles gut ist, alles gut wird in meinem Leben und nach meinem Leben. Wenn ich glaube und liebe dann bin ich wahrlich in der Ewigkeit, eine Sekunde, die Gegenwart verwandelt sich in Ewigkeit. Das Leben, unsere Gefühle und Gedanken hindern uns oft daran, diese Ewigkeit zu spüren. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir uns immer vor Augen halten, dass das Leben, unsere Gefühle und Gedanken begrenzt sind, nicht ewig dauern, im Gegensatz zur Liebe und zum Glauben. Also kann es nur vom Vorteil sein, diese zwei Seiten einer Medaille – Liebe und Glaube – zum Bewusstsein zu bringen, zu verinnerlichen, auszugraben. Jeder kann lieben und glauben und ich denke, dass das das einzig wahre Ziel unseres Menschseins sein sollte und ist. Die Stoiker plädierten noch für Ruhe des Herzens und Gleichgültigkeit gegenüber unveränderbarer Probleme. Die Epikuräer waren noch auf der Suche nach dem Glück. Ich möchte mich Pascal anschließen bzw. einen Schritt weiter gehen und sage, dass es im Leben kein Glück und keine Ruhe gibt. Aber ich kann mir den Glauben und die Liebe zum Ziel setzen. Nicht Geld, Ruhm, Ansehen sollen unsere Antriebsfeder sein. Es ist gut nach Geld und Ruhm zu streben, aber immer in dem Bewusstsein, dass es noch etwas anderes, viel Größeres gibt als das. Es gibt beide Welten, die irdisch vergängliche und die ewige unvergängliche Welt. Wenn ich in diesem Bewusstsein lebe, dann werden viele irdisch vergängliche Probleme leichter zu ertragen und mein Weltbild vergrößert sich. Es ist die gleiche Überlegung wie mit der Zeit. Ich kann den Augenblick genießen bzw. in der Gegenwart leben oder ich kann alles auf die Vergangenheit und die Zukunft projizieren. Ich kann die Zeit in Terminen einteilen oder sie verstreichen lassen, ohne etwas vorzuhaben. Natürlich kommt einem das Verstreichen lassen ohne etwas vorzuhaben bedrohlicher vor. Auf einmal hat man so viel Zeit und weiß womöglich nichts anzufangen damit. Spätestens ein paar Tage danach merkt man aber, dass keine Zeit einfach so verstreicht. Man merkt, dass die Zeit für einen arbeitet, egal ob man etwas tut oder nicht. In der verstrichenen Zeit hat man Kraft getankt für neue Gedanken, für neue Plänen die nach und nach ins Bewusstsein treten werden, man hat außerdem Ruhe und Ausgeglichenheit gefunden. Ich glaube nicht, dass ein Mensch, der ständig die Zeit in Terminen einteilt und ständig von einem Ziel zum nächsten rennt, glücklich und zufrieden ist, oder womöglich sogar gescheiter und produktiver ist. Sonst bräuchten wir alle nicht den Schlaf. Schlaf und Ruhe sind genau so wichtig wie Arbeit. Eine Balance muss hergestellt werden und es liegt an uns diesen Balanceakt zu vollführen.

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