PLATON

(427, Athen – 347 vor Christus, Athen)

Zitiert aus verschiedenen Philosophiegeschichtsbüchern:

Biografie

Platon wurde um 428/427 v. Chr. in den ersten Jahren des Peloponnesischen Krieges (431-404 v. Chr.) geboren, dem Krieg zwischen Sparta und Athen um die Vorherrschaft in Griechenland. Der Peloponnesische Krieg trug zum Zerfall der altgriechischen Sitten und der griechischen Polis bei. Unter den 30 Tyrannen, die seit 403 v. Chr. als Folge des Krieges für kurze Zeit über Athen regierten, befanden sich Verwandte und Freunde Platons. Platon war ein Spross der traditionellen politischen Elite, deren Vormachtstellung jedoch im 5. vorchristlichen Jahrhundert durch die Reformen des großen Athener Staatsmanns Perikles beseitigt worden war. Perikles hatte die Demokratie eingeführt und den politischen Einfluss der Aristokratie beschnitten. Im Peloponnesischen Krieg schließlich, der 431 v. Chr., vier Jahre vor Platons Geburt, begann, verlor Athen seine politische Vorrangstellung innerhalb Griechenlands an den Rivalen Sparte. In die nun folgenden turbulenten politischen Entwicklungen war Platons Familie eng verstrickt. Die alten Oligarchen der Stadt hatten eine dezidiert antidemokratische Haltung bewahrt und während des Krieges mit dem autoritären Militärstaat Sparta sympathisiert. Als die Spartaner nach dem Krieg im Jahr 404 die athenische Demokratie wieder abschafften, setzten sie ein Marionettenregime ein, das mit Angehörigen der alten Athener Oberschicht besetzt war. Darunter befanden sich mit Charmides und Kritias zwei Onkel Platons mütterlicherseits. Dieses Regime der „Dreißig Tyrannen“ errichtete eine Willkürherrschaft, die aber bereits 403 von den Demokraten wieder gestürzt wurde. Dies und seine Nähe zu dem zum Tode verurteilten Sokrates verbauten ihm die politische Laufbahn.

Platon hieß eigentlich Aristokles, nach seinem Großvater. Erst später wurde er wegen seiner breiten Stirn Platon genannt. Er stammte aus vornehmer, aristokratischer Familie. Zunächst widmete er sich der Dichtkunst, besuchte als Jüngling die überfüllten Hörsäle der Sophisten Gorgias und Protagoras. Mit 20 wurde er ein Schüler des Sokrates und blieb 8 Jahre treuer Anhänger, bis Sokrates starb. Die Hinrichtung seines Lehrers und Freundes wird zum Schlüsselerlebnis und radikalisiert seine politische Kritik. Nach Sokrates Tod trat Platon eine lange Bildungsreise an, weil er politische Verfolgung fürchten musste. Zunächst ging er für drei Jahr in die Nachbarstadt Megara, wohin sich auch Euklid, ein weiterer bekannter Sokrates-Schüler, zurückgezogen hatte. Weitere Reisen führten ihn nach Kyrene, Tarent und Ägypten. Er begann philosophische Dialoge zu verfassen, in denen er Sokrates als Hauptsprecher auftreten lässt und in denen er die Meinung des historischen Sokrates noch weitgehend unverändert wiedergibt. Eine der ersten dieser Schriften, die Apologie, enthält die Verteidigungsrede des Sokrates vor Gericht und kann als nachträgliche Abrechnung Platons mit der Athener Demokratie gelesen werden. Doch die für Platon prägendste Erfahrung seiner Reise war der Besuch im sizilianischen Syrakus, einer mächtigen griechischen Kolonie, wo er im Jahr 389 v. Chr. eintraf. Dessen Herrscher Dionysos I. der Ältere hatte die Demokratie abgeschafft und durch einen Militärstaat ersetzt, der enge Verbindungen zu Sparta unterhielt. Platon wollte diesen regierenden Tyrannen dazu bewegen, das Staatswesen im Sinne seiner Theorie neu zu gestalten. Dionysios nämlich kokettierte auch gerne mit seiner philosophischen Bildung und es wird kolportiert, er habe seinen drei Töchtern die Namen „Tugend“, „Gerechtigkeit“ und „Besonnenheit“ gegeben. Platon war für etwa zwei Jahre Gast des syrakusischen Machthabers, der sich allerdings nicht als der gerechte Herrscher erwies, den Platon sich vorgestellt hatte. Das Leben am Hof stand in offenbarem Gegensatz zu der von Dionysios gepflegten philosophischen Rhetorik. In seinen Briefen beklagt sich Platon über die ständigen nächtlichen Gelage und Ausschweifungen. Es kam zu einem klassischen Konflikt zwischen Macht und Geist. Platons Versuch, als philosophischer Politikberater Einfluss zu nehmen und Dionysios auf die praktischen Konsequenzen eines an ethischen Maßstäben orientierten Herrschens hinzuweisen, scheiterten kläglich. Dionysius machte keinen Hehl aus seiner Verachtung für den Intellektuellen, der ihn belehren wollte, während Platon den Herrscher offen als einen Tyrannen bezeichnete. Die Wege des Diktators und des Philosophen trennten sich also zwangsläufig. Daraufhin wurde er gefangen genommen und auf den Sklavenmarkt gebracht, wo er von einem Verehrer losgekauft wurde. Wieder in Athen gründete er 387 v. Chr. 40 jährig eine Schule, die Akademie. Die Akademie gilt als Europas erste Universität. Ihr Name entstammt dem Platz, neben dem sie lag, einem dem Helden Akademos geweihten Hain. Sie war, wie später die Universität Humboldtscher Prägung, nicht nur Lehr- sondern auch Forschungsstätte. Die Ausbildung dort diente durchaus auch praktischen Zielen, wie der Vorbereitung auf den Staatsdienst. Besonders wichtig von den dort gelehrten Disziplinen war die Mathematik. „Kein geometrisch Ungebildeter trete hier ein“ soll über dem Eingang gestanden haben. Sie bestand fast ein Jahrtausend: Erst Kaiser Justinian ließ sie, ob auf religiösen Druck der Bischöfe oder um ihr Vermögen einziehen zu können, 529 n. Chr. aufheben. Platon lehrte in der Akademie 20 Jahre und die meisten seiner 41 Schriften, von denen 36 in der Form des Dialogs abgefasst waren entstanden in dieser Zeit. Mit Ausnahme der Apologie, der Verteidigungsrede des Sokrates, und seiner dreizehn Briefe, von denen nur der Siebte als echt gilt, sind alle Schriften als Dialoge abgefasst. In allen, ausgenommen die Nomoi (Gesetze), spielt Sokrates eine Rolle. Die meisten Dialoge schildern fiktive Gespräche von Verwandten oder Freunden mit Sokrates zu bestimmten Themen.

Als Platon 60 war, unternahm er noch einmal zwei abenteuerliche Reisen nach Sizilien, zu denen ihn sein Freund Dion bewogen hatte, um mit dem neuen Tyrannen von Syrakus, Dionysios II, die Idee eines Philosophenkönigtums zu verwirklichen. Das Unternehmen scheiterte und Platon gelangte nur mit großem Glück zurück nach Athen. Die letzten Jahre seines langen Lebens (er wurde 81 Jahre alt) verbrachte er friedlich mit ruhiger Lehrtätigkeit und wissenschaftlicher Arbeit in seiner Akademie. Als einer seiner Schüler ihn zu seiner Hochzeitsfeier einlud, soll Platon fröhlich mit gefeiert haben und erst zu später Stunde sich in einen stillen Winkel des Hauses zurückgezogen haben und in den ewigen Schlaf versunken sein.

Philosophie

Platons Bestreben als Philosoph war zunächst, die Sophisten zu bekämpfen und zu überwinden. Protagoras These, dass es keinen allgemeinen Maßstab gebe und der Mensch das Maß aller Dinge sei, hielt er für falsch und verderblich, weil sie die Grundlagen der Sittlichkeit zerstört. Sophisten und Rhetoren sehen nur das, was die Menschen gern möchten. Sie verführen mit schönem Schein und schmeicheln mit schönen Worten, aber wissen nichts von dem, was der Mensch eigentlich ist und was er soll.

Die platonische Akademie entspricht nicht unserer Vorstellung von Universität, wo das eigentliche Gewicht auf der theoretisch-intellektuellen Ausbildung allein liegt, die Menschenformung und –führung aber in den Hintergrund tritt. Gerade letzteres hat die Akademie gepflegt. In der Antike ist Philosophie keine lebensfremde Angelegenheit nur von Gelehrtenstuben, sondern immer positive Wirklichkeitsgestaltung.

Platons Philosophie hebt dort an, wo Sokrates aufhört, bei der Frage nach dem Wesen des Guten. Die Erklärung, die Sokrates hinterlassen hatte, lautete: Sei weise, dann bist du gut. Ist das Gute vielleicht mit der Lust identisch? Darum muss die Lust, soweit sie in unserem Leben einen Platz finden soll, geordnet und beherrscht werden von Maß, Richtigkeit, Vernunft und Einsicht. Nicht was Lust bringt, ist gut, sondern was gut ist, bringt Lust. Das Gute wird bei uns Menschen weit überwogen von dem Übel.

Platons Philosophie baut auf dem Unterschied zwischen Wirklichkeit und Erscheinung auf.

Berühmt ist Platons Ideenlehre, das Kernstück seiner Philosophie. Die höchste Idee ist die Idee des Guten. Die Idee des Guten ist die Ursache für alle Erkenntnis und Wahrheit und steht deswegen noch höher als alle Erkenntnis und alle Wahrheit. So bewirkt auch die Idee des Guten mehr als nur die Erkennbarkeit der Ideen: Die Idee des Guten ist Ursache des Seins, des Gutseins aller Ideen. Sie ragt an Würde und Kraft noch über das Sein hinaus. Sie ist der göttlich schöpferische Urgrund allen Seins und allen Erkennens. Wie die Sonne im Reich des Sichtbaren allen Dingen Sein und Leben und Erkennbarkeit verleiht, so verleiht die Idee der Ideen im Reich des Unsichtbaren auch allem Seienden Wesen und Erkennbarkeit.

Die Ideen bilden eine Welt für sich. Hier gibt es kein Werden und Vergehen, nichts Zufälliges, nichts Sinnliches, nichts Relatives wie in der Welt der sichtbaren, unbeständigen Dinge. Der einzelne Löwe stirbt, aber das Allgemeine, die Idee Löwe, wird davon nicht berührt. Sie ist ewig. Darüber hinaus würde die sichtbare Welt ohne die Welt der Ideen gar nicht existieren, denn die Ideen sind die unwandelbaren Urbilder, die wahrnehmbaren Dinge nur ihre flüchtigen, unzulänglichen Abbilder. Je größer die Teilhabe (Methexis) der Dinge an den Ideen ist, je mehr die Dinge die Ideen nachahmen, umso schöner – besser sind die Dinge. Primat der Idee gegenüber der Sinnlichkeit. Erhebt sich der Mensch in seinem Erkennen nicht zu jenen Ideen, sondern bleibt er der sinnlichen Anschauung als solcher verhaftet, dann ist sein Erkennen nicht Wissen, sondern nur Meinung. Wenn nämlich das Erkennen bei der Sinnenwelt stehen bleibt und sich darauf allein stützt, dann hat man es mit dem Reich des Veränderlichen zu tun und kann nie zu einem wirklichen Wissen kommen, weil es hier nie zu ewig gleich bleibenden Sätzen und Wahrheiten kommen kann: das Schone an sich, Gute an sich, die Gesundheit an sich, Stärke an sich, das Gleiche, Große und Kleine an sich, überhaupt jegliche Wesenheit. Diesen Gegenständen komme es zu, niemals, in keiner Weise, irgendwie auch nur die geringste Veränderung zu erleiden. Idee hat also eine doppelte Bedeutung; einmal ist sie ein Gedanke (subjektive Idee), und dann ist sie der Gegenstand, den wir denken (objektive Idee). Diese materielle Welt lebt nur von der Gnade der Idee. Die Ideenwelt ist die stärkere Wirklichkeit. Darum unterscheidet also Platon die Ideenwelt von der sichtbaren Welt und erblickt nur in jener die wahre und eigentliche Welt, in dieser aber bloß ein Abbild, das in der Mitte steht zwischen Sein und Nichtsein. Die Ideenlehre ist auf das ganze Reich des Seins ausgedehnt, auch auf Natur und Kunst. Nun behauptet Aristoteles, dass die Idee von den Sinnendingen durch eine Kluft (Chorismus) getrennt sei. Die Sinnendinge stünden neben und außer den Ideen. Dadurch wäre die Welt zerrissen worden. Die Ideen schweben sozusagen über der Welt. Die Ideenwelt jedoch ist immer etwas Eigenes, allein in Wahrheit Seiendes, demgegenüber die Sinnenwelt nur Schein ist, ein Mittleres zwischen Sein und Nichtsein.

Eine Anekdote berichtet von einer Begegnung Platons mit Diogenes von Sinope: „Als Platon sich über seine Ideen vernehmen ließ und von einer Tischheit und einer Becherheit redete, sagte Diogenes: „Was mich anlangt, Platon, so sehe ich wohl einen Tisch und einen Bescher, aber eine Tischheit und Becherheit nie und nimmermehr“. Darauf Platon: „Sehr begreiflich: denn Augen, mit denen man Becher und Tisch sieht, hast du allerdings; aber Verstand, mit dem man Tischheit und Becherheit erschaut, hast du nicht.“.

Was ist die Löwenheit? Allen diesen Allgemeinbegriffen erkennt Platon ein selbständiges Sein außerhalb unseres Denkens zu und nennt sie „Ideen“.

Die Idee ist allgemeiner Begriff, ist immer auch Wesenheit. Darum ist die Idee soviel wie Ideal oder Urbild. Die Ideen bilden eine neue Art von Ursache. Die ganze Welt ist ein Abbild. Alles Seiende hat einen Sinn, und durch diesen Sinn ist es immer auf etwas Übergeordnetes hinbezogen. Es ist ein Streben und Sehnen nach dem Höheren in der Welt. Die Katze ist wirklich; einzelne Katzen sind nur Erscheinungen. Alles Wirkliche ist, was es ist, sofern es an seinem Urbilde teilhat und sofern es danach strebt, diesem seinem Urbilde ähnlich zu werden. Der Baum will so sehr wie möglich Baum, der Mensch so sehr wie möglich Mensch, die Gerechtigkeit so sehr wie möglich Gerechtigkeit sein. Alles strebt danach, im Dasein seine ihm eigentümliche Idee zu verwirklichen. So gewinnt Platon ein lebendiges Bild von der Welt als dem Ort eines unablässigen Dranges zur Vollkommenheit, eines Eros zur Idee. Das Vergängliche strebt nach dem Ewigen: das ist für Platon das Geheimnis der Wirklichkeit. Platon legt dar, dass die Formen, in denen sich Erkenntnis des wahren Seins fixieren lässt und durch die sie mittelbar werden könnte, keine Sicherheit dafür bieten, dass wirkliche Einsicht durch sie vermittelt wird. Denn es gibt keine Form sprachlicher oder gar schriftlicher Fixierung, die nicht dem Missverstand und der Verdrehung ausgesetzt ist.

Der echte Philosoph wird sich nur für das eine ideale Bett interessieren, nicht für die vielen Betten der sinnlich wahrnehmbaren Welt. Den gewöhnlichen irdischen Dingen gegenüber wird er sich ziemlich gleichgültig zeigen. Der Jüngling, der sich zum Philosophen eignet, wird sich von seinen Kameraden durch sein gerechtes und vornehmes Wesen, durch seinen Wissensdurst, sein gutes Gedächtnis und die natürliche Ausgeglichenheit seines Gemüts unterscheiden. Ein solcher Jüngling soll zum Philosophen und Wächter herangebildet werden. Unter Weisen würde der Philosoph nicht töricht wirken; nur unter Toren gelte der Weise als jeder Weisheit bar. Was wie plötzliche Einsicht wirkt, kann irreführend sein und muss nüchtern überprüft werden, wenn der göttliche Rausch verflogen ist. Zunächst wird die Welt des Intellekts von der Welt der Sinne geschieden. Die beiden Arten des Intellekts werden „Vernunft“ und „Verstand“ genannt. Vernunft steht höher als Verstand; der Verstand ist der Vernunft dadurch unterlegen, dass er von Hypothesen ausgeht, die er nicht belegen kann. Die Mathematik kann uns nie sagen, was ist, sondern nur was wäre wenn… Auch die Geometrie sollte ins Studiengebiet der Erscheinungen verwiesen werden. Das Sehen, sagt Platon, unterscheidet sich von den anderen Sinneswahrnehmungen insofern, als dazu nicht nur das Auge und der Gegenstand erforderlich sind, sondern auch Licht benötigt wird. So entspricht die Ideenwelt dem, was wir sehen, wenn der Gegenstand von der Sonne beleuchtet ist, während die Welt des Vergänglichen eine unklare Zwielichtwelt ist. Das Auge ist mit der Seele zu vergleichen und die Sonne, als Lichtquelle, mit der Wahrheit oder dem Guten.

Der Mensch strebt vom Sinnlichen zum Geistigen, dieses Streben nennt Platon „Eros“. Der höchste erotische Zustand der Seele aber ist die Schau der Vollkommenheit des Schönen selbst: die philosophische Erkenntnis der Idee des Guten.

Es ist erste Aufgabe des Philosophen, den Menschen von der Welt des Scheins und der Bilder zu befreien und zum wahren Sein hinzuführen.

Einzelne Dinge tragen stets etwas von ihrem Gegenteil in sich: was schön ist, ist in gewisser Hinsicht auch hässlich; was recht ist, ist in mancher Beziehung unrecht uns so fort. Alle konkreten, wahrnehmbaren Objekte besitzen nach Plato solche einander widersprechenden Eigenschaften; sie stehen somit zwischen Sein und Nichtsein und sind geeignete Objekte für Meinungen, nicht aber für Erkenntnisse. So kommen wir zu dem Schluss, dass die Meinung zur sinnlichen, die Erkenntnis hingegen zu einer übersinnlichen, ewigen Welt gehört; die Meinung befasst sich also mit einzelnen schönen Dingen, die Erkenntnis aber mit der Schönheit selbst. Es gibt wirklich, wie Parmenides darlegt, keine Idee für sich. So wenig, wie eine einzelne Zahl etwas wäre ohne ihre Stellung im Ganzen der Zahlenreihe.

Gott hat nicht alles, sondern nur das Gute geschaffen. Letzten Endes gibt es nur Gott oder das Gute, dessen Attribute die Ideen sind. So könnte man Platon auslegen.

Aristoteles meinte, für Platon seien die Ideen dasselbe wie für Pythagoras die Zahlen.

Die Mathematik war auch für Platon die höchste Form der Philosophie. Deshalb schrieb er wohl über das Tor zu seiner Akademie die Worte „Kein der Geometrie Unkundiger wage hier einzutreten“. Die ganze Naturwissenschaft rechnet mit Durchschnittswerten.

Es ist sinnvoll, von einem Vielen zu reden, weil neben dem Allgemeinen auch das Besondere auftritt. Nicht ein Entweder-Oder ist das Richtige sondern ein Sowohl-Als-auch. Jede Partei hat etwas Wahres gesehen, es gibt beides, Eines und Vieles, Identisches und Verschiedenes, Seiendes und Nichtseiendes. Und der Schlüssel, der diese die Gegensätze überbrückende Synthese zustande kommen lässt, ist der Teilhabegedanke. Er sieht das Identische, ohne das Verschiedene zu übersehen.

Platon erklärt alles Niedere vom Höheren her, nicht umgekehrt.

Eine allgemeingültige Bestimmung irgendeines sinnlichen Gegenstandes ist unmöglich, da dieser sich ja ständig ändert.

Aristoteles berichtet mehrfach und ausdrücklich, dass für Platon die Ideen Zahlen gewesen seien. Platon hat tatsächlich in den Spätdialogen, besonders aber in der uns verlorenen Altersvorlesung „Über das Gute“, sich mit dem Verhältnis von Zahl und Idee intensiv befasst. Jeder Idee entspricht ein bestimmter Zahlenwert.

Unwissenheit ist die eigentliche Krankheit der Seele. Der Leib ist das Grab der Seele.

Wenn sich alle Dinge fortwährend verändern, wie Heraklit gezeigt hatte, dann ist es unmöglich, etwas Bestimmtes über sie auszusagen. Platon war beeindruckt von Parmenides Lehre einer unveränderlichen vollkommenen Welt hinter der Welt der Erscheinungen. Von Parmenides übernahm er die Überzeugung, dass die Wirklichkeit ewig und zeitlos ist und dass aus logischen Gründen jeder Wandel daher Täuschung sein müsse. Von Heraklit entlehnte er die negative Doktrin, dass es in der sinnlich wahrnehmbaren Welt nichts Bleibendes gäbe. Im Verein mit der Lehre des Parmenides brachte ihn diese Doktrin zu der Überzeugung, dass Erkenntnis nicht durch die Sinne, sondern nur mit Hilfe des Intellekts gewonnen werden könne. Das Denken ist bei ihm stärker als bei den Vorsokratikern von dem „Guten“ beherrscht, was man eigentlich nur sokratischem Einfluss zuschreiben kann.

Berühmt ist auch sein Höhlengleichnis, das in seinem Hauptwerk „Staat“ enthalten ist. Sokrates, dem Platon zunehmend seine eigene Philosophie in den Mund legt, sagt: Von Kindheit an sind Menschen in einer unterirdischen Höhle festgebannt und durch Fesseln gehindert, ihren Kopf herumzudrehen. Hinter ihnen brennt ein Feuer und leuchtet. Zwischen dem Feuer und den Gefesselten läuft ein Weg, neben dem sich eine niedrige Mauer erstreckt. Vorbeigehende tragen unterschiedliche Dinge, Statuen und dergleichen, vorbei, die über die Mauer hinausragen und Schatten werfen. Die Gefangenen halten diese Schatten, da sie das einzige sind, was sie kennen, für die Wirklichkeit. Würde nun einer dieser Unglücklichen gezwungen werden, den Kopf zu wenden, in das ihn blendende Feuer zu schauen… wäre dies für ihn mit Schmerzen verbunden und ginge sicher nicht ohne inneren Widerstand schauen und ihre Beschaffenheit zu betrachten.

Der Aufenthalt in der Höhle gleicht unserem Leben in der sichtbaren Welt, gleicht dem Leben der Seele in unserem Körper. Innerhalb der materiellen Welt ist unser empirisches Wissen stets nur „Meinung“.

Die sichtbare Welt war für Platon nur eine Scheinwelt, ein bloßes Abbild der wahren Welt, die hinter den äußeren Erscheinungen steht. Der Mensch ist zweigeteilt, gehört beiden Welten an: mit seiner Seele und ihrer Vernunft der Ideenwelt, mit seinem Leib der Körperwelt. Mit dem Tod wird die Seele vom Leib getrennt. Die Seele ist unsterblich.

In der Antike hebt der Mensch sich noch nicht so sehr empor, dass die Welt sich nach ihm richten müsste. Er richtet sich nach der Welt.

Platon glaubte an die Seelenwanderung, wie die Pythagoreer.

Nachdem die Seele aus der Hand des Demiurgen (Schöpfer) hervorgegangen ist, wird sie auf die Werkzeuge der Zeit verpflanzt; sie erlebt ihre erste Inkarnation auf unserer Erde. Diese erste Geburt ist für alle gleich, damit keine Seele benachteiligt werde. Am Ende dieses ersten Lebens, zusammen mit dem sterblichen Leib, erscheint die Seele im Totengericht, um Rechenschaft zu geben über ihre Lebensführung auf Erden. Je nachdem wird sie in die Gefilde der Seligen eingehen oder versetzt auf die unterirdischen Strafplätze. Tausend Jahre dauert diese ihre Wanderung, dann erfolgt ihre zweite Geburt. Jede Seele erwählt sich jetzt selbst die künftige Lebensbahn. Bei der Wahl der Lebensformen liegt die eigentliche Gefahr für den Menschen. Mancher wählt ein Los, das ihm schön erscheint und herrlich, z.B. Tyrannenherrschaft, um hinterher zu bemerken, dass damit das Schicksal verbunden ist, seine eigenen Kinder zu verzehren. Dann beklagen sie sich über die Gottheit und beschuldigen sie. Aber Gott ist schuldlos; wir selbst sind es, die den Dämon erwählen. Die Tugend ist herrenlos, d. h., jeder kann sie erwerben. Wenn man es nicht tut, dann deswegen, weil „Unverstand und Gier“ obsiegten. Die meisten treffen ihre Wahl gemäß ihren früheren Lebensgewohnheiten. Es kommt darum alles darauf an, dass in unserer Lebenszeit der Lenker des Seelenwagens, Geist und Vernunft, die Zügel in der Hand behält und alles Irrationale und Emotionale: Gefühle, Stimmungen, Leidenschaften und Begierden, beherrsche und uns so richtig und gerecht durch das Leben führe.

Platon ist Vertreter der Willensfreiheit. Darum ist er auch ein Mahner zum Verantwortungsbewusstsein.

Vor ihrer Geburt hat die Seele schon einmal den Glanz der Ideen geschaut. Sie hatte bereits die Erkenntnis vom vollkommenen Allgemeinen, vom wahrhaft Seienden. Durch ihre Geburt jedoch wurde dieses Wissen durch die Wahrnehmungswelt des Körpers zurückgedrängt, wurde gleichsam unbewusst. Der leidenschaftlich Philosophierende muss das ursprüngliche Wissen wieder zurückholen. Die Präexistenz der Seele könnte man als einen schlaf auffassen, zu dem dann ein Wachen gehört, das wieder vom Schlaf abgelöst wird, und so immer zu ohne Ende. Damit wäre die Unsterblichkeit gegeben.

Von Pythagoras stammten außerdem die orphischen Elemente, der religiöse Zug, der Glaube an die Unsterblichkeit, die Jenseitigkeit, der priesterliche Ton und alles, was im Höhlengleichnis steckt, desgleichen seine Hochachtung vor der Mathematik und die starke Verquickung von Intellekt und Mystizismus.

Erkenntnis ist Wieder erinnern (anamnesis). Mit Hilfe der Dialektik sucht der Philosoph sich zurückzuerinnern. Bei Platon bedeutet Dialektik reines Denken ohne Wahrnehmungen, ohne sinnliche Beeinflussungen des Körpers, reines Denken, das sich auf Begriffe konzentriert, sie unterscheidet, ihre Beziehungen untereinander feststellt. Dialektik im Sinne Platons ist Wissenschaft von den Ideen.

Für Platon sind jedoch nicht nur die Grundbegriffe allen Erkennens a priori, sondern auf der nun einmal beschrittenen Bahn weitergehend, erklärt er, dass alles, was ein an sich ist, also jeder Urbildbegriff, das Schöne an sich, Gute, Gerechte, Fromme an sich, überhaupt jegliche Wesenheit dem Geiste a priori zu eigen sei, so dass es nie durch Erfahrung neu erworben, sondern immer nur durch Wieder erkennen zum Bewusstsein gebracht werden muss.

Damit sinnliche Wahrnehmung und somit Erfahrungen möglich werden, muss immer die Idee schon sein. Nur durch sie kann Sinnlichkeit gelesen werden. Kant und Platon: beide Denker arbeiten mit apriorischen Faktoren. Während aber bei Kant nur die Formen a priori sind, sind das bei Platon auch die Inhalte. Kant stellt eine Verbindung dar von Empirismus und Rationalismus, Platon ist reiner Rationalist.

Platon unterscheidet vier Kardinaltugenden: Weisheit als die Tugend des Verstandes, Tapferkeit als die Tugend des Willens, Besonnenheit und Gerechtigkeit als das abgewogene Verhältnis zwischen den Tugenden. Gerecht ist, wer seine eigene Aufgabe erfüllt und sich nicht in anderer Leute Angelegenheiten mischt. Neben der Gerechtigkeit zählen Schönheit und Wahrheit zu den wertvollsten Dingen. Die höchste Liebe ist die Liebe zum ewig währenden Besitz des Guten. Das meinte Platon mit „platonische Liebe“.

Nicht was man gerne möchte, sondern was man soll, hat zu geschehen.

Der Mensch ist für Platon eine Verbindung von Leib und Seele. Die Seele ist der eigentliche Mensch, der Leib bloß ein Schatten. Und schließlich ist die Verbindung eine unglückliche. Die Seele ist im Leib eingesperrt wie in einem Gefängnis, und der Leib bildet eine Belastung für die Seele. Jede Seele ist etwas Individuelles. Es gibt noch eine andere Art von Seele, die sterbliche, die Heimstätte gefährlicher und unvermeidlicher Erregungen, als da sind: erstens die Lust, die größte Verführerin zum Schlechten, dann der Schmerz, der Verscheucher des Guten, ferner Keckheit und Furcht, zwei unbesonnene Ratgeber, und der Zorn, der schwer zu besänftigende Unruhestifter, und die Hoffnung, die Mutter der Täuschungen. Indem die Seele Leben und Bewegung ist, wird sie zu einem Mittleren zwischen Idee und Sinnlichkeit. Protagoras hatte gesagt, der Mensch ist das Maß aller Dinge. Platon sagt: „Gott ist das Maß aller Dinge“. Das Ganze ist ein Ethos der Sachlichkeit, Wahrheit und Richtigkeit. Lust und Leidenschaft sind ebenso ausgeschlossen wie Ehrgeiz und Stolz. Das sind lauter blinde Führer. Lernen und wieder Lernen ist die Nahrung der Seele.

Der Mann, der den Eros zum Gegenstand zweier Dialoge macht, des Symposions und des Phaidros, und der in seinem Staate die Tapferkeit und Selbstbeherrschung zu Grundtugenden der Gemeinschaft erklärt, ist sich darüber klar, dass der Mensch nicht bloß durch Wissen allein selig werden kann. Platon entscheidet sich, und daraus spricht reifste Lebenserfahrung, für eine harmonisch ausgeglichene Bildung des ganzen Menschen. Ein Missverhältnis zwischen den Kräften der Seele und des Leibes ist unschön und auch ungut für das Ganze. Eine starke Seele kann durch rücksichtsloses Lernen und Forschen, aber auch durch Ehrgeiz und Leidenschaft einen schwachen Leib in Krankheit stürzen. Umgekehrt kann eine einseitige Körperkultur Seele und Geist ruinieren, weil sie zur Denkfaulheit führt, der größten Krankheit des Menschen. Wer darum lernt und studiert, darf die Gymnastik nicht vergessen; wer andererseits das Körperliche pflegt, darf darüber den Geist nicht zu kurz kommen lassen, sonst verdient er nicht den Namen eines wahrhaft gebildeten Mannes. Platon weiß auch, dass der Mensch Freude und Glück braucht und ein gewisses Maß von Genuss. In den Nomoi und im Philebos trägt er dem Rechnung und entscheidet sich für ein aus Einsicht und Lust „gemischtes Leben“. Aber ebenso klar ist sich Platon darüber, dass kein irrationales Element, heiße es nun Blut und Rasse, Ehre oder Stolz, Instinkt oder Gefühl, Machtwille oder Herrenmenschentum, Unbewusstes oder orgiastische Begeisterung, je sittliches Prinzip, d. h. zum Lenker unseres Lebens werden darf. Auf dem Seelenwagen kann immer nur die Vernunft stehen. Nur sie allein hat die Zügel zu führen. Sie muss alles beherrschen, auch Ehrgefühl, Lust und Genuss. Platon hat uns als erster gelehrt, wie man gut und glücklich zugleich sein kann, sagt Aristoteles.

Platon prägt mit der wertenden Bestimmung des Verhältnisses von Seele und Körper, die orphisch-pythagoreischen Ursprungs ist, ein Menschenbild, das für das abendländisch-christliche Denken maßgebend wird.

Gott und der Mensch: Nachdem Platon gegenüber dem Atheismus die Existenz Gottes bewiesen hat, wendet er sich gegen jene Zweifler, die zwar noch glauben möchten, dass es einen Gott gibt, die aber auf den Gedanken kommen, Gott hätte die Welt zwar erschaffen, aber dann sich nicht mehr um sie gekümmert. Es sind die Gedankengänge, die man in der Philosophie der Neuzeit als Deismus bezeichnet hat.

Gott allein hält die Drähte und lenkt unser Leben. Man soll darum beten, dass man einsichtig wird und vernünftig lebe.

Was der Mensch wissen und begründen kann auf Grund seiner Erfahrung und seines Nachdenkens über Natur und Welt, das macht die natürliche Theologie aus. Platon war der erste, der das Wort „Theologie“ gebrauchte, und er ist offenbar der Schöpfer dieses Begriffes.

Zwischen Geist und Materie zu entscheiden, ist in der Philosophie, Wissenschaft und im populären Denken zu etwas Selbstverständlichem geworden, hat aber einen religiösen Ursprung und begann mit der Trennung von Seele und Leib. Die Orphiker bezeichneten sich als Kinder der Erde und des Sternenhimmels; von der Erde stammt der Leib, vom Himmel die Seele. Eben dieser Theorie versucht Plato in philosophischer Sprache Ausdruck zu geben. Der Philosoph soll ausschließlich an die Seele denken und nicht an den Körper. Sofern man die Trennung von Geist und Körper anerkennt, sind die schlimmsten wie auch die besten Lustgefühle geistiger Art – beispielsweise Neid und viele Formen der Grausamkeit und Machtgier. Das wahre Sein offenbart sich dem Denken und nicht den Sinnen. Nach Platon lassen sich nur zwei Arten von geistiger Tätigkeit betreiben, die Mathematik und die mystische Schau.

Die Männer, die in der nächsten Zeit nach Platons Tode in der Akademie lehrten, pflegt man unter dem Namen „Ältere Akademie“ zusammenzufassen. Leiter der Schule in dieser Zeit waren: Platons Neffe Speusippos, Xenokrates, Polemon und Krates. Eines der Hauptprobleme bietet die Frage nach dem Verhältnis von Idee und Zahl. Weitere Problematiken sind das Verhältnis von Sinnlichkeit und Denken.

„Die philosophische Tradition Europas…besteht aus einer Folge von Fußnoten zu Platon“, meinte A.N. Whitehead. In allen Gebieten seiner Philosophie war Platon Idealist. Seine Lehre, dass die jenseitige Welt die eigentlich wahre und wertvolle sei, – machte ihn zu einem Vorläufer des Christentums. Der Eros Platons kennt allerdings nicht die „Agape“, die Liebe zum Mitmenschen, zum Nächsten. Und in seinem politischen Denken fehlt die Idee der politischen Freiheit, die in Europa seit dem Mittelalter eine so große Rolle gespielt hat. Nietsche sagt über Platon: „Das Christentum ist Platonismus für das Volk.“

Das Hauptwerk ist die „Politeia“ („Staat“).

Der Staat ist die erste uns überlieferte Staatsutopie überhaupt. Platon wollte mit diesem Werk Politik und Moral, Metaphysik und Religion, rationale Weltdeutung und Mythos miteinander verknüpfen. Platons Staat tritt mit dem Anspruch auf, die politische Ordnung mit den wahren, ewigen Gesetzen der Wirklichkeit zu verbinden. Ausgangspunkt des Werkes ist die Frage nach der Gerechtigkeit.

Platos bedeutendster Dialog, der Staat, besteht aus drei Teilen. Der erste beschäftigt sich mit dem Aufbau eines Idealstaates; es ist die erste Utopie. Unter anderem kommt Platon hier zu dem Schluss, dass die Herrscher Philosophen sein müssten. Das VI und VII. Buch dienen der Definition des Wortes „Philosoph“. Das ist der Inhalt des zweiten Teils.

Im dritten Teil werden hauptsächlich verschiedene bestehende Verfassungen, ihre Vorzüge und Nachteile erörtert.

Wie der Untertitel besagt, beabsichtigt der Staat, die Gerechtigkeit zu definieren.

Dieses Werk befasst sich mit Platons Vorstellungen vom idealen Staat. Umfassendes Werk in zehn Büchern über den idealen Staat, die Gerechtigkeit gewährleistet höchste Glückseligkeit.

Platons Staat ist keine trockene Abhandlung, sondern eine kunstvoll inszenierte Diskussion, in der Platons philosophischer Lehrer Sokrates zu einer literarischen Figur wird und als Erzähler und Hauptsprecher auftritt. Platon zeigt sich hier als Dichter und Philosoph. Gleich in der ersten Zeile setzt die Stimme des Sokrates ein und der Leser fühlt sich wie in einen Roman versetzt: „Ich ging gestern mit Glaukon, dem Sohne des Ariston, in den Peiraieus hinunter, teils um die Göttin anzubeten, dann aber wollte ich auch zugleich das Fest sehen, wie sie es feiern wollten, da sie es jetzt zum erstenmal begehen.“

Platon führt hier Szenerien und Personen ein, die ihm eng vertraut waren. Sokrates hat sich von Athen zu dem mehrere Kilometer entfernten Hafen von Piräus aufgemacht, um das Fest zu Ehren der Göttin Athene mitzuerleben. In seiner Begleitung befindet sich Glaukon, einer der Brüder Platons. Als Sokrates einige Zeit später wieder den Heimweg antreten will, drängen ihn Freunde und Bekannte, darunter Adeimantos, ein weiterer Bruder Platons, und Polemarchos, der Sohn des wohlhabenden Kaufmanns Kephalos, noch in Piräus zu bleiben, gemeinsam mit ihnen zu essen, zu diskutieren und die noch folgenden Nachtfeierlichkeiten mitzuerleben. Im Haus des Kephalos entwickelt sich im Folgenden ein Gespräch zwischen Sokrates und wechselnden Diskussionspartnern, in dem Positionen zur Gerechtigkeit ausgetauscht und die Grundzüge einer gerechten gesellschaftlichen Ordnung entworfen werden.

Drei Stände: Philosophen – Wächter – Bauern und Handwerken, einzig die Philosophen sind wegen ihrer Erkenntnis der Idee des Guten zur Herrschaft bestimmt. Den Wächtern soll die ganze Macht zufallen, da sie die weisesten Mitglieder der Gemeinschaft sind; eine Ungerechtigkeit läge nach Platos Definition nur vor, wenn es in den anderen Ständen Männer gäbe, die weiser wären als irgendein Wächter. Daher sieht Plato ein Hinaufrücken oder Degradieren von Bürgern vor, obwohl seiner Ansicht nach die Kinder der Wächter dank dem doppelten Vorteil von Geburt und Erziehung meist den Kindern der anderen überlegen sein werden. Das Werk enthält zugleich Seinslehre, Erkenntnislehre und Ethik; Höhlengleichnis im siebten, Schlussmythos über die Schicksale der Seelen nach dem Tod im zehnten Buch. Das erste Buch ist der Thrasymachos und behandelt die Gerechtigkeit. Thrasymachus hat wirklich gelebt, wie die meisten in Platons Dialogen auftretenden Personen. Er war ein Sophist aus Chalcedon und ein berühmter Lehrer der Rhetorik. Er kommt in der ersten Komödie des Aristophanes vor.

Platon untersuchte zunächst die verschiedenen Staatsformen. In der Oligarchie herrschen die Reichen, die Armen sind von der Regierung ausgeschlossen. Das hat zur Folge, dass die Menschen statt nach Weisheit und Gerechtigkeit nur nach Reichtum streben und dass Klassenkampf die Gesellschaft trennt. Bei einer Demokratie ist man nicht gezwungen am Regieren teilzunehmen, noch zu gehorchen, noch im Krieg mitzutun… oder Frieden zu halten, wenn man keine Lust hat. Müssen da nicht Zügellosigkeit und allgemeine Auflösung um sich greifen? Das Grundprinzip der athenischen Demokratie, das gleiche Recht aller, Ämter zu bekleiden und die Staatsgeschäfte zu bestimmen, scheint „auf den ersten Blick ein herrlicher Zustand, …wird aber dadurch katastrophal, dass das Volk nicht genügend mit Bildung ausgestattet ist, um die besten Führer und die weiseste Richtung zu wählen … Was das Volk betrifft, so hat es keinen Verstand und wiederholt nur, was seine Führer ihm zu sagen belieben“. Der Demokratie folgt als Reaktion auf das Übermaß an Freiheit die Tyrannis, wobei ein krasser Egoismus herrscht.

Wie sollte demgegenüber der ideale Staat aussehen? Platon entwirft ein Idealbild. Der Staat muss jedem Kind die gleichen Bildungsmöglichkeiten bieten. Der Unterricht besteht aus Musik und Gymnastik. Beides hat zu jener Zeit umfassendere Bedeutung als gegenwärtig: mit „Musik“ bezeichnet man alles, was zum Reich der Musen gehört, und mit „Gymnastik“, was mit Körpertraining und Ertüchtigung zusammenhängt. „Musik“ entspricht fast dem weiten Begriff unseres Wortes „Kultur“. Würde, Anstand und Mut, diese Eigenschaften vor allem sollen durch die Erziehung entwickelt werden. Homer und Hesiod sind nicht zugelassen. Einmal weil sich die Götter nach ihrer Darstellung gelegentlich schlecht benehmen, was nicht erbaulich ist; die Jugend muss aber lernen, dass das Böse niemals von den Göttern kommt; denn Gott ist nicht der Schöpfer aller, sondern nur der guten Dinge. Unsere Knaben müssen lernen, die Sklaverei mehr zu fürchten als den Tod. Dann wendet sich Plato gegen das Drama. Ein guter Mensch, sagt er, sollte sich nicht dazu bereit finden, einen schlechten Menschen darzustellen; da nun aber in den meisten Stücken auch Schurken vorkommen, müssen der Dramatiker und der Schauspieler, der die Rolle des Schurken spielt, Menschen nachschaffen, die allerhand Verbrechen begehen. Plato beschließt schließlich, alle Dichter aus seinem Staat zu verbannen. Auch beim Lehren der Musik zensuriert Platon einiges. Die lydische und die jonische Tonart müssen verboten werden, denn die erste drückt Trauer aus, die zweite ist zu weichlich. Nur die dorische (die ermutigende) und die phrygische (die mäßigend wirkende) sollen zugelassen sein. Es sollen nur einfache Rhythmen erlaubt werden, die Ausdruck einer mutigen und harmonischen Lebensweise sind. Das Körpertraining muss sehr streng sein. Fisch darf gar nicht, Fleisch nur gebraten genossen werden; Gewürze und Süßigkeiten darf es nicht geben. Menschen, die nach seinen Vorschriften erzogen werden, sagt er, brauchen keinen Arzt. Im 20. Jahr werden die Besten herausgeprüft und weitere 10 Jahre erzogen. Der junge Mann, muss die Zeit vom zwanzigsten bis dreißigsten Lebensjahr auf das Studium der vier pythagoreischen Lehrfächer verwenden: Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Harmonie. Dann wird nochmals gesiebt und wer durchkommt wird 5 Jahre lang in Philosophie geschult. Anschließend müssen sie sich 15 Jahre lang im praktischen Leben bewähren, um dann mit 50 in die führenden Stellungen einzurücken, automatisch, ohne Wahl, denn die Besten sind ja schon ermittelt. Sie sind dann die Philosophenkönige oder königlichen Philosophen. Sie haben die Idee des Guten erkannt und als Norm verinnerlicht. Platon hielt es für ausgeschlossen, dass sich die breitere Bevölkerung dieses Wissen aneignen könnte. Platons ideale Verfassung ist eine Aristokratie im wörtlichen Sinne: die Herrschaft der Besten. Die Kinder wachsen in der Gemeinschaft auf. Dieser vollkommene Kommunismus gilt für die Elite an der Spitze. Platon plädiert für völligen Kommunismus bei den Wächtern und auch bei den Soldaten. Die breite Masse der Erwerbstätigen darf allerdings Privateigentum und private Familien beibehalten, dafür haben sie aber keinerlei Einfluss auf die Politik. Die Frauen müssen den Männern in jeder Hinsicht völlig gleichgestellt sein. Die Regenten der Stadt werden es so einzurichten wissen, dass die besten Eltern am meisten Kinder bekommen können. Alle Kinder werden bei der Geburt ihren Eltern fortgenommen, und es ist sorgfältig darauf zu achten, dass die Eltern nicht erfahren, welche ihre Kinder sind, und dass die Kinder ihre Eltern nicht kennen. Missgestaltete Kinder und Kinder von minderwertigen Eltern werden an einem geheimen und unbekannten Orte verborgen, wie sich’s geziemt. Die Mütter sollen zwischen zwanzig und vierzig sein, die Väter zwischen fünfundzwanzig und fünfundfünfzig. Außerhalb dieser Altersgrenzen ist freier Geschlechtsverkehr zulässig, doch ist in diesem Falle Abtreibung und Kindestötung gesetzliche Pflicht.

Um ein guter Staatsmann werden zu können, muss ein Mensch das Gute kennen; das kann er nur durch geistige und moralische Disziplin erreichen. Platon hielt Muße für die unerlässliche Vorbedingung der Weisheit. Muße findet sich nur bei unabhängigen Menschen ohne Existenzsorgen. Der, der an der Spitze des Staates steht ist der Interpret des an sich Guten, und sein Wollen wird einzig geleitet von Einsicht und Vernunft. Lügen muss ein Vorrecht der Regierung sein. Was beabsichtigt Platon eigentlich mit seinem Staat zu erreichen? Er bezweckt kriegerische Erfolge gegen annähernd gleich starke Völker und gesicherten Lebensunterhalt für eine bestimmte kleine Anzahl von Menschen. Höchstwahrscheinlich wird es in diesem Staat wegen seiner strengen Grundsätze weder Kunst noch Wissenschaft geben; hierin wird er, wie auch in anderen Punkten, Sparta gleichen. Trotz aller schönen Worte kann nicht mehr erreicht werden als kriegerische Tüchtigkeit und ausreichende Ernährung.

Weitere Werke:

Frühe Dialoge:

Das Thema der Gerechtigkeit taucht in den frühen Schriften immer wieder auf. Während die Sophisten immer wieder betonten, dass es keine Gerechtigkeit „an sich“ gebe, sondern dass sie abhängig von Nutzen und Interessen sein, enthält der Dialog Gorgias, benannt nach einem der berühmtesten Sophisten, die These des Sokrates: „Unrecht leiden ist besser als Unrecht tun.“. Dass Gerechtigkeit etwas ist, was über die Bedürfnisse und Interessen Einzelner hinausgeht, war auch die Überzeugung Platons. Etwas gleichzeitig mit dem Gorgias schrieb Platon einen Dialog, den er nie als einzelne Schrift veröffentlichte und dem die Fachleute den Arbeitstitel „Thrasymachos“ gegeben haben. Er schildert die Auseinandersetzung zwischen Sokrates und dem Sophisten Thrasymachos um die Definition der Tugend und Gerechtigkeit. Auch hier wendet sich Platon gegen die Meinung, Gerechtigkeit können mit Herrschaftsinteressen identifiziert werden. Thrasymachos vertritt also eine typisch sophistische Position: Normen und Werte gelten nicht von Ewigkeit her, sondern sie sind veränderbar und von Interessen und Konventionen abhängig.

Die „Apologie“ enthält die Verteidigungsrede des Sokrates vor seinen Richtern.

Der „Kriton“ enthält Sokrates Argumente gegen eine Flucht. Über pflichtgemäßes Handeln;

In „Protagoras“ schildert Platon das kulturelle Leben in Athen. Auseinandersetzung mit der Sophistik über die Tugend im Allgemeinen; wie verhalten sich die Lust und das Gute zueinander? Diskussion über Macht oder Ohnmacht der Erkenntnis.

In „Laches“ setzt sich Platon mit der richtigen Erziehung auseinander. Es behandelt auch die Tapferkeit.

Mittlere Dialoge:

Lysis: handelt von der Freundschaft. Wert ist nicht, was tatsächlich geliebt wird, sondern liebenswert ist.

Kratylos: enthält Platons Sprachphilosophie.

Euthydem: enthält die Trugschlüsse der Sophisten, besonders wird Antisthenes verhöhnt.

Menon: Über das Wesen der Tugend; Tugend ist lehrbar; Lehre von der Wiedererinnerung.

Der „Phaidon“ enthält einen Bericht über Sokrates letzte Stunden und sein Sterben. Noch einmal im Kreise seiner Freunde wirft er eine letzte Frage auf: Wie verhält sich der wahre Philosoph zum Sterben? „Diejenigen nämlich, die sich auf rechte Art mit der Philosophie befassen, streben wohl nach gar nichts anderem, als zu sterben und tot zu sein; die anderen freilich merken das gar nicht“. Leib – Seele Verhältnis, Beweise von der Unsterblichkeit der Seele, Begründung der Ideenlehre.

Das „Symposion“ handelt von der Erotik. „Gastmahl“. Sokrates berichtet über die sinnliche Liebe. Diotima, die Seherin aus Mantinea, habe ihn über das wahre Wesen des Eros belehrt: die Sehnsucht nach dem Schönen. Und wer nach dem Schönen strebe, der wolle es für immer besitzen; so trachtet der Liebende nach Dauer und Unsterblichkeit. Lobreden auf den Eros, die Vollendung des guten Lebens in der Schau des Schönen. Das Gute wirkt auf uns anziehend, es erscheint als gut und nicht als Pflicht.

Phaidros: Über den wahren Eros, über das gute Reden.

Späte Dialoge:

Parmenides: Diskutiert werden Einwände gegen die Ideenlehre, über das problematische Verhältnis der Ideen zur Erscheinungswelt; über das Eine und das Viele.

„Theaitetos“ behandelt die Erkenntnistheorie. Über das Wesen des Wissens. Auseinandersetzung mit Heraklit, Protagoras, Antisthenes und Aristipp.

Die meisten modernen Menschen halten es für selbstverständlich, dass empirische Erkenntnis auf Wahrnehmung beruht oder davon abgeleitet ist. Platon aber vertritt wie die Philosophen verschiedener anderer Schulen eine ganz abweichende Doktrin, dass nämlich nichts, was aus sinnlicher Wahrnehmung herstammt, als „Erkenntnis“ bezeichnet werden darf und dass die einzig wahre Erkenntnis mit Begriffen arbeitet. In diesem Sinn ist 2+2 = 4 echte Erkenntnis, eine Behauptung jedoch wie „Der Schnee ist weiß“ enthält soviel Unklares und Unbestimmtes, dass der Philosoph sie nicht in seinen Bestand von Wahrheiten einreihen kann. Der Dialog bemüht sich um eine Definition der „Erkenntnis“.

„Sophistes“ behandelt die Lehre vom Sein (Ontologie)

„Politikos“ behandelt die politische Theorie.

In „Georgias“ setzt sich Platon mit den Sophisten auseinander.

Im „Timaios“ legt Platon seine Naturphilosophie dar, er schildert, wie er sich die Weltschöpfung vorstellt. Der Schöpfer (Demiurg) schuf durch Mischung der Ideenwelt und der ungeformten Materie zuerst die Weltseele, die sich über alles wölbt. Aus der chaotischen, auf diese Weise beseelten Urmasse bildeten sich die vier Elemente und aus diesen wiederum die Einzeldinge. Platons Gott hat die Welt nicht aus dem Nichts erschaffen, wie der jüdische und der christliche Gott, sondern hat bereits vorhandenen Stoff neu geordnet. Die Welt ist ein sichtbares Wesen in der Gestalt einer Kugel. Denn gleich ist besser als ungleich und nur eine Kugel ist überall gleich. Sie dreht sich, weil die Kreisbewegung die vollkommenste Bewegung ist. Die vier Elemente, Feuer, Luft, Wasser und Erde, werden offenbar durch je eine Zahl vertreten und stehen zueinander in stetigem Verhältnis, das heißt, das Feuer verhält sich zur Luft wie die Luft zum Wasser und das Wasser zur Erde, Gott verwendete alle diese Elemente, als er die Welt schuf; darum ist sie vollkommen und keinem Alters- oder Krankheitsprozess ausgesetzt. Sie ist harmonisch durch die Proportion, die ihr auch den Geist der Freundschaft verleiht. Die Zeit und der Himmel sind gleichzeitig entstanden. Gott schuf die Sonne so, dass die Lebewesen rechnen lernen konnten – denn ohne die Aufeinanderfolge von Tagen und Nächten wären wir vermutlich nicht auf die Zahlen gekommen. So wie die Weltseele schaffte der Demiurg auch die Menschenseelen. Er verlieh dem Leib die Seele und der Seele Verstand. Jede Seele ist etwas Individuelles, jede hat ihren Stern, dort ist ihre Heimat und es gibt so viele Seelen, wie es Sterne gibt. Nicht der Zufall, sondern die vorausschauende göttliche Vernunft eines gütigen Weltbaumeisters hat der Welt Harmonie, d. h. Schönheit, verliehen. Der Mensch besitzt zwei Seelen: die eine, unsterbliche, ist von Gott, die andere, sterbliche, von den Göttern erschaffen. Die sterbliche Seele nimmt gefährliche Eindrücke auf, „zunächst die Lust, die stärkste Lockspeise des Bösen, dann den Schmerz, den Verscheucher des Guten, fernerhin Mut und Furcht zwei törichte Ratgeber, schwer zu besänftigenden Zorn und leicht verlockende Hoffnung; endlich verbanden sie (die Götter) mit ihr vernunftlose Empfindung und Wahrnehmung und allunternehmende Liebe, der Notwendigkeit gemäß, und so setzten sie das Geschlecht der Sterblichen zusammen“. Die unsterbliche Seele hat ihren Sitz im Kopf, die sterbliche in der Brust. Auch findet sich hier eine andere Darstellung der Seelenwanderung. Feige oder schlechte Männer werden im nächsten Leben zu Frauen. Unwissende, leichtsinnige Menschen, die da glauben die Astronomie ohne mathematische Kenntnisse nur dadurch erlernen zu können, dass sie die Sterne anschauen, werden zu Vögeln; Menschen ohne Philosophie werden wilde Landtiere; die allerdümmsten werden Fische. Interessant ist die Darstellung der Schöpfung, die aus dem Chaos heraus Ordnung geschaffen hat, desgleichen das Verhältnis der vier Elemente zueinander und ihre Beziehung zu den regulären Körpern und den ihnen zugrunde liegenden Dreiecken. Der Dialog Timaios, der von Cicero ins Lateinische übersetzt wurde, war der einzige Dialog, den das Abendland im Mittelalter kannte und hatte deshalb großen Einfluss.

Wie Platon neben der Ideenwelt noch der sinnlichen Welt, neben dem Wissen noch der Meinung, neben dem Idealstaat noch den weniger guten Staaten einen Platz einräumt, kennt er auch im Timaios neben Geist und Seele noch etwas anderes. Der Demiurg ist nämlich nicht allmächtiger Weltschöpfer. Er findet eine ewige Materie vor. Mit ihr muss er arbeiten, und sie setzt nun seinem Wollen Grenzen.

„Nomoi“ (Gesetze) Das ist das letzte Werk Platons. Darin mildert er seine Sicht des idealen Staates und sieht ein, dass die Realität nicht mit diesem Ideal kompatibel ist. Es läuft auf eine Mischung aus den verschiedenen Verfassungen hinaus und auf eine Herrschaft durch Gesetze. Die Bürger sollen freundlich miteinander verkehren und da Platon befürchtet, dass Auseinandersetzungen um Geld und Gut dieses Staatsziel gefährden könnten, warnt er immer wieder vor Reichtum und Wohlstand. Nicht mehr die Philosophen, sondern die Gesetze sollen herrschen; religiöse Stimmung und Orientierung: „Gott ist das Maß aller Dinge.“

Zitate und Textauszüge

Die Philosophen müssen Könige werden oder die Könige Philosophen, sonst wird es kein Ende des Übels geben auf Erden.

So schön auch Erkenntnis und Wahrheit sind, weit schöner noch ist das Gute.

Im Himmel liege die Urbilder bereit, damit jeder, der guten Willens ist, sie sehe und sein eigenes Selbst danach gründe.

Wer das Tiefste gedacht, liebt das Lebendigste.

Wenn der Gerechte auf Erden erscheinen wird, wird er gegeißelt, gefoltert, in Ketten gelegt, an beiden Augen geblendet werden, und schließlich wird man nach allen Martern ihn ans Kreuz schlagen, damit er zur Einsicht kommt, dass es nicht das Richtige ist in dieser Welt, gerecht zu sein, sondern es nur zu scheinen.

Ehe wir anfangen, zu sehen und zu hören und die übrigen Sinneswahrnehmungen zu haben, mussten wir schon eine Kenntnis des an sich Gleichen gewonnen haben, wenn es möglich sein sollte, das Gleiche der Sinnesanschauung auf jenes zu beziehen mit der Einsicht, dass alles danach strebt, jenem gleich zu sein, ihm aber doch nicht gleichkommt.

Wenn ich ein Bild meines Freundes sehe, erinnert es mich an meinen Freund, indem es mich veranlasst, das von ihm aktuell zu denken, was ich potentiell immer schon von ihm weiß.

Es gibt noch Größeres als den Menschen.

Alles Sinnliche will sein wie die Idee.

Solange wir mit dem Körper behaftet sind und unsere Seele mit diesem Übel verwachsen ist, werden wir niemals im vollen Maß erreichen, wonach wir streben, die Wahrheit. Denn tausenderlei Unruhe verursacht uns der Körper schon durch die notwendige Sorge für die Ernährung, ferner erfüllt er uns mit allerlei Liebesverlangen, mit Begierden und Ängsten und allerhand Einbildungen und vielerlei Tand. Kurz, er versetzt uns in einen Zustand, in dem man sozusagen gar nicht recht zur Besinnung kommt. Denn auch Kriege, Aufruhr und Schlachten sind eine Folge des Körpers und seiner Begierden. Denn um den Erwerb von Hab und Gut handelt es sich bei der Entstehung aller Kriege. Hab und Gut aber sehen wir uns gezwungen zu erwerben um des Körpers willen, dessen Ansprüche befriedigt sein wollen.

Gott ist schuldlos.

Denn der Leib macht uns tausenderlei zu schaffen wegen der notwendigen Nahrung; dann auch, wenn uns Krankheiten zustoßen, verhindern uns diese, das Wahre zu erjagen, und auch mit Gelüsten und Begierden, Furcht und mancherlei Schattenbildern und vielen Kindereien erfüllt er uns; so dass recht in Wahrheit, wie man auch zu sagen pflegt, wir um seinetwillen nicht einmal dazu kommen, auch nur irgend etwas richtig einzusehen. Denn außer Kriegen und Unruhen und Schlachten erregt uns nichts anderes als der Leib und seine Begierden: denn über den Besitz von Geld und Gut entstehen alle Kriege, und dieses müssen wir haben des Leibes wegen, weil wir seiner Pflege dienstbar sind, und daher fehlt es uns an Muße, der Weisheit nachzutrachten um aller dieser Dinge willen wegen alles dessen. Und endlich noch, wenn er uns auch einmal Muße lässt und wir uns anschicken, etwas zu untersuchen, so fällt er uns wieder bei den Untersuchungen selbst beschwerlich, macht uns Unruhe und Störung und verwirrt uns, dass wir seinetwegen nicht das Wahre sehen können. Sondern es ist uns wirklich ganz klar, dass, wenn wir je etwas rein erkennen wollen, wir uns von ihm losmachen und mit der Seele die Dinge selbst schauen müssen. Und dann erst werden wir offenbar haben, was wir begehren und wessen Liebhaber wir zu sein behaupten, die Weisheit, wenn wir tot sein werden, wie die Rede uns andeutet, solange wir leben aber nicht. Denn wenn es nicht möglich ist, mit dem Leibe irgend etwas rein zu erkennen, so können wir nur eines von beidem: entweder niemals zum Verständnis gelangen oder erst nach dem Tode.

Und so rein der Torheit des Leibes entledigt, werden wir wahrscheinlich mit eben solchen zusammen sein und durch uns selbst alles Ungetrübte erkennen, und dies ist eben wohl das Wahre. Dem Nichtreinen aber mag Reines zu berühren wohn nicht vergönnt sein… Und wird nicht das eben die Reinigung sein, dass man die Seele möglichst vom Leibe absondere? Heißt aber dies nicht Tod: Erlösung und Absonderung der Seele von dem Leibe? … Und sie zu lösen streben immer am meisten nur allein die wahrhaft Philosophierenden.

Die einzige rechte Münze, gegen die man alles vertauschen muss, ist die Vernünftigkeit.

Und so mögen diejenigen, welche uns die Weihen angeordnet haben, gar nicht schlechte Leute sein, sondern schon seit langer Zeit uns andeuten, wenn einer ungeweiht und ungeheiligt in der Unterwelt anlangt, dass der in den Schlamm zu liegen kommt, der Gereinigte aber und Geweihte, wenn er dort angelangt ist, bei den Göttern wohnt. Denn, sagen die, welche mit den Weihen zu tun haben, Thyrsosträger sind viele, doch echte Begeisterte wenig. Diese aber sind, nach meiner Meinung, keine anderen, als die sich auf rechte Weise der Weisheit beflissen haben.

(Aus dem 7. Brief)

Für jedes Seiende gibt es dreierlei, wodurch sich seine Erkenntnisse notwendig vermitteln muss, ein viertes ist die Erkenntnis selbst, als fünftes muss man die Sache selber ansetzen, das was erkennbar und in Wahrheit seiend ist. Wir haben also:

  1. Name
  2. Begriffserklärung
  3. Bild
  4. Erkenntnis.

…. Deshalb also wird jeder ernst zu nehmende Mann über ernst zu nehmende Dinge ganz bestimmt niemals etwas schreiben und es so den Leuten bloß zu ihrer Rechthaberei und Verwirrung preisgeben.

(Aus Phaidon)

Wenn die Seele unsterblich ist, dann bedarf es der Sorge um sie nicht für die kurze Zeit, die wir das Leben nennen, sondern für die ganze Zeit; und die Gefahr, das ist schon jetzt klar, ist eine ganz furchtbare, wenn einer sich um seine Seele nicht kümmert. ….Nichts anderes nämlich hat die Seele an sich, wenn sie in den Hades kommt, als ihre eigene Bildung und Erziehung.

Deswegen darf aber auch jeder für seine eigene Seele zuversichtlich sein, der im Leben die rein körperlichen Freuden und den äußerlichen Schmuck als etwas Fremdes vermieden hat, weil es das Übel nur schlimmer mache, dagegen sich um Erkenntnis bemüht und seine Seele nicht mit einem fremden Schmucke, sondern dem ihr eigenen geschmückt hat, nämlich mit Besonnenheit und Rechtlichkeit, Tapferkeit, Freiheitlichkeit und Wahrhaftigkeit, und so der Fahrt in den Hades entgegenblickt.

Was aber trägst Du den hier Versammelten und mir im Besonderen für die Kinder auf?

Was ich immer sage: nichts Neues: Das Ihr für Euch selbst sorgen solltet.

…das waren seine letzten Worte (von Sokrates): O Kriton, dem Asklepios sind wir einen Hahn schuldig. Den müsst Ihr opfern, vergesst das nicht.

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